Der Radsportler Frederik Zierke hat sich zu Tode gedopt. Das Versagen der Justiz in diesem Fall ist erschreckend – und muss aufrütteln. Ein Kommentar von Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Wenn der Dopingtod des Radsportlers Frederik Zierke überhaupt einen Sinn gehabt haben soll, dann den, aufzurütteln. Aufzurütteln ist eine Gesellschaft, die die verbotene Leistungssteigerung durch Medikamente zumindest teilweise als unausrottbare Begleiterscheinung des Sports zu akzeptieren scheint. Aufzurütteln ist aber auch eine Justiz, die die Strukturen hinter dem Doping endlich als organisierte Kriminalität erkennen muss. Die Justizpolitik im Land hat das bereits getan und mit der Einrichtung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Freiburg reagiert. Umso fassungsloser macht es, wie ignorant die Staatsanwaltschaft Ravensburg mit dem Fall Zierke umgegangen ist: Da wird ein Mensch gefunden, der sich erkennbar zu Tode gedopt hat, da werden kistenweise einschlägige Präparate entdeckt – doch der zuständige Behördenchef schließt nach einem Tag die Akten.

 

Ohne die Wachsamkeit der Medien, in diesem Fall des „Spiegels“, wären wohl nie Ermittlungen nach den Hintermännern in Gang gekommen. Irritierend ist aber auch, mit welcher Milde die vorgesetzte Generalstaatsanwaltschaft reagiert: Der Fall sei „sicherlich nicht optimal bearbeitet“ worden, dieses Fazit grenzt schon fast an Hohn. Justizminister Stickelberger muss noch viel Sensibilisierungsarbeit leisten – nicht nur in Ravensburg, sondern auch in Stuttgart.