Künftig sind die EU-Länder gesetzlich zum Energiesparen verpflichtet. Es hat nach den ersten Ankündigungen zwar fünf Jahre gedauert, bis die Richtlinie verabschiedet wurde – doch besser spät als nie, meint der Brüsseler StZ-Korrespondent Christopher Ziedler.

Brüssel - Mit fünf Jahren Verzögerung folgt dem Wort die Tat. Es war 2007, als Angela Merkel noch nicht den Euro, sondern das Klima zu retten versuchte. Unter ihrer Ägide gab die EU ehrgeizige Ziele aus, um die Erderwärmung zu begrenzen. Zwei Jahre später wurde Gesetz, dass der Kohlendioxidausstoß bis 2020 um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis dahin 20 Prozent höher liegen muss. Der dritte Vorsatz – 20 Prozent an Energie einzusparen – blieb in der Folgezeit wolkig, da nicht in Gesetzesform gegossen. Das ist mit der Verabschiedung der Energieeffizienz-Richtlinie am Dienstag im Straßburger Europaparlament nachgeholt worden. Motto: Besser spät als nie!

 

Erstmals überhaupt verpflichten sich damit Staaten verbindlich, weniger zu verbrauchen. 2020 dürfen es EU-weit noch 1473 Millionen sogenannter Öleinheiten sein, die als Maß für den Energieverbrauch dienen. Aktuell sind es 1750 Öleinheiten. Die Erfahrung lehrt, dass der Wert auf freiwilliger Basis nicht zu erreichen ist. Künftig werden noch größere Anstrengungen nötig, um EU-Klimaziele und Energiewende Wirklichkeit werden zu lassen. Denn der heutige Verbrauch kann nicht ganz aus Sonne, Wind oder Biomasse gedeckt werden. Klimaschonendes Wirtschaften wird nur dann möglich, wenn ein Großteil eingespart und gar nicht mehr erst produziert werden muss. Ein Anfang ist nun gemacht.

Das Sparziel wurde verwässert

Getrübt wird das Bild, da die Richtlinie auf dem Weg zur Einigung stark verwässert worden ist, was das Erreichen des Sparziels fraglich macht. So ist aus der Pflicht zur energetischen Sanierung von jährlich drei Prozent aller öffentlichen Gebäude, wie sie Energiekommissar Günther Oettinger vorgeschlagen hatte, nur die Renovierung von Immobilien geblieben, die der Zentralregierung gehören: In Deutschland ist das eine sehr überschaubare Zahl. Wären Kommunen und Länder mit im Boot, wäre der Effekt viel größer. Ausgerechnet die deutsche Regierung in Gestalt von FDP-Chef Philipp Rösler ließ den deutschen Kommissar in Brüssel im Regen stehen.

Wegen Bedenken aus dem liberalen Lager wurde auch der Kern des Gesetzes aufgeweicht: Die Verpflichtung der Versorger, ihren Kunden Sparmaßnahmen zu finanzieren und so den Verbrauch zu drosseln, kann über die Anrechnung bereits erfolgter Maßnahmen gemildert und bei der Umsetzung in nationales Recht gar durch andere, nicht erprobte Maßnahmen ersetzt werden. Es gibt aber keinen Grund, warum in Deutschland nicht funktionieren sollte, was in England oder Dänemark bereits Praxis ist. Dort wurde nicht per Gesetz der Umsatz begrenzt, wie Ordnungspolitiker schimpfen, sondern ein neuer Markt geschaffen: Wer das bessere Energiesparprogramm bietet, gewinnt Kunden – und verkauft mehr Energie.

Auf Entlastung dürfen die Kunden nicht hoffen

Die Welt des gebeutelten Stromkunden wird das verändern. Neue Fenster, Dämmplatten oder sparsamere Heizkessel könnten künftig direkt von EnBW, Eon, RWE, Vattenfall oder Stadtwerken bezahlt werden – der Smartmeter, mit dessen Hilfe sich die eigenen Verbrauchsgewohnheiten messen und verändern lassen, ohnehin. Auf Entlastung des Geldbeutels freilich dürfen die Kunden trotz geringeren Verbrauchs nicht hoffen, denn die Konzerne werden sich ihre Investitionen zurückholen.

Volkswirtschaftlich lockt 2020 schon dadurch ein dickes Plus von 20 Milliarden Euro im Jahr, dass weniger teures Öl und Gas importiert werden muss – mit dem politisch angenehmen Nebeneffekt einer geringeren Abhängigkeit etwa von Russland. Zudem wird das Gesetz – wie bei der Deckelung des CO2-Ausstoßes von Autos – einen Innovationsschub auslösen, der im Wettbewerb nicht schadet. Und an die Klimapolitiker weltweit ergeht das Signal, dass die EU auch in der Krise gewillt bleibt, zumindest mit kleinen Schritten voranzugehen. Für ein Gesetz ist das ziemlich viel.