Die Banken brauchen Geld, viel Geld. Doch dieses Mal wird der Staat ihnen wohl nicht helfen können. Ein Kommentar von Michael Heller.

Stuttgart - Griechenland, immer wieder Griechenland. Die globale Finanzkrise zeigt sich gegenwärtig vor allem als Staatsschuldenkrise, und da ist der verzweifelte Kampf dieses stolzen Landes um seine Zahlungsfähigkeit zum Synonym geworden. Athen steht stellvertretend für die Unfähigkeit vieler Euroländer von Italien bis Portugal, mit den eigenen Finanzen klarzukommen. Und deshalb werden die Länderrisiken fast zwangsläufig im Vordergrund stehen, wenn der Bundestag am Donnerstag über den neuen gigantischen Rettungsschirm abstimmt. Seit Monaten wird aber so leidenschaftlich über geordnete Insolvenzen und die Zukunft der Eurozone gestritten, dass eine weitere Bedrohung zumindest in Deutschland kaum wahrgenommen wird: die Bankenkrise, mit der vor drei Jahren alles begann, ist wieder ausgebrochen.

 

Wieder einmal geht es um Beträge, die die Vorstellungskraft strapazieren. IWF-Chefin Christine Lagarde glaubt, dass den europäischen Banken 200 Milliarden Euro Kapital fehlt; die Großbank JP Morgan beziffert den Bedarf mit 148 Milliarden Euro. Und EU-Kommissar Olli Rehn ist sicher, dass ohne eine Auffüllung des Kapitals der Banken das Risiko einer Kreditklemme zunimmt und sich die Konjunktur in Europa und in den Vereinigten Staaten eintrübt. Ein erschütternder Befund, der zeigt, dass das Finanzsystem nicht stabiler geworden ist. Über Reformen ist vor allem geredet worden, umfassende Änderungen sind ausgeblieben. Ereignisse wie der Milliardenbetrug des Händlers Kweku Adoboli bei der Schweizer Großbank UBS erinnern unliebsam daran, dass in dieser Branche jeden Tag so ziemlich alles möglich ist. Und offenbar sind die Ergebnisse der Bankenstresstests, die ja nicht Besorgnis erregend gewesen sind, ohne praktische Relevanz.

Alles schon mal da gewesen, damals, in den Monaten nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman in den USA? Gewiss, aber es bestehen gravierende Unterschiede. Denn damals standen die Staaten bereit, ihre wackelnden Kreditinstitute zu stützen. Eine Neuauflage dieser durchaus erfolgreichen Aktion wird es aber kaum geben. Die Staaten haben kein Geld mehr. Deshalb wird jetzt diskutiert, den Banken auf irgendeine Weise Zugang zum Rettungsschirm EFSF - und damit zu neuen Milliardenmitteln - zu verschaffen.

Geld ist noch da

Das wäre aber keine gute Idee. Gewiss, die Bankenbranche kann mit Recht darauf hinweisen, dass die Politik ihr einen Großteil der aktuellen Probleme eingebrockt hat. Den immensen Bedarf zur Wertberichtigung von Staatsanleihen haben nicht die Banken zu verantworten. Und sie sind es auch nicht, die darum bitten, auf Forderungen gegenüber Ländern wie Griechenland verzichten zu dürfen. Das ist dem unstillbaren Verlangen einer breiten Front von Politikern und Wissenschaftlern geschuldet, den Privatsektor unbedingt an der Sanierung der Krisenländer beteiligen zu wollen.

Gleichwohl werden die Banken ihre Bilanzen diesmal selbst in Ordnung bringen müssen, wenn die Privatwirtschaft auf dem Finanzmarkt noch eine Chance haben soll. Natürlich geht es um viel Geld. Aber immerhin haben sich Europas Banken vor dem Stresstest im Sommer insgesamt 60 Milliarden Euro beschafft. Geld ist also da. Noch wichtiger wäre freilich, wenn sich auf den Vorstandsetagen endlich die Erkenntnis durchsetzen würde, dass das alte Geschäftsmodell passé ist.

Womit eigentlich will ein Institut wie zum Beispiel die Deutsche Bank nachhaltig zehn Milliarden Euro Gewinn im Jahr machen? Das geht, wenn überhaupt, nur mit Spekulationsgeschäften, die die Finanzwelt unsicher machen und die Banken zu Recht viel Kapital kosten, weil die Risiken unterlegt werden müssen. Umgekehrt senkt der Verzicht auf solche Geschäfte den Finanzbedarf. Die Bankmanager müssen die Casinotische verlassen und sich auf ihre Rolle als Diener der Realwirtschaft beschränken.