Zum wiederholten Male müssen die Pläne für den Airport revidiert werden. Die Glaubwürdigkeit der Politik hat unter dem Flughafen-Debakel schwer gelitten. Der Skandal offenbart aber auch massive Defizite bei der Planung.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Es ist die Geschichte eines Skandalprojekts, über das Politiker stürzten und das von Beginn an mit Pleiten, Pech und Pannen Schlagzeilen machte. Inkompetente Behörden, jede Menge Korruption und Filz, unfähige Baufirmen, überforderte Planer, arrogante und ahnungslose Kontrolleure – diese unschöne Gemengelage ließ die Kosten völlig aus dem Ruder laufen und reihenweise Terminpläne platzen. Am Ende waren seit dem Start der Planung sage und schreibe mehr als 40 Jahre vergangen, bis der Flughafen endlich eröffnete. Ein Fehlschlag, der weltweit Hohn und Spott auslöste.

 

Nein, die Rede ist nicht vom neuen deutschen Hauptstadtflughafen. In Berlin wird ja erst seit 22 Jahren geplant, projektiert, gebaut und verschoben. Die Begleitumstände allerdings sind ähnlich wie in Bangkok, wo der Airport mit der bisher längsten Planungs- und Bauzeit vor sechs Jahren im Süden der thailändischen Metropole endlich eröffnet werden konnte. Was für eine Bananenrepublik, lästerten seinerzeit auch hiesige Experten. Die deutsche Überheblichkeit war schon damals unangebracht.

Eine Blamage für ganz Deutschland

Das zeigt sich nun erneut. Am Freitag trifft sich schon wieder der Aufsichtsrat der staatlichen Flughafengesellschaft Berlin- Brandenburg zur Krisensitzung. Es gibt allen Grund dazu. Eigentlich sollte der Airport seit drei Monaten im Betrieb und die bisherigen Flughäfen Tegel und Schönefeld geschlossen sein. So haben das auch die Aufsichtsräte Klaus Wowereit und Matthias Platzeck noch im Frühjahr vollmundig versprochen. Nur leere Worte: Nun wird es wohl Ende Oktober 2013 werden, also 16 Monate später. Die neuen Planer brauchen noch mehr Zeit, die Baustelle liegt still, und der Flughafengesellschaft droht ohne neue Finanzspritzen die Pleite. Was für eine Blamage – nicht nur für Berlin, sondern für ganz Deutschland.

Zum wiederholten Male müssen die beiden Spitzenpolitiker nun ihre Aussagen revidieren. Die Glaubwürdigkeit der beiden Regierungschefs und Oberkontrolleure hat unter dem Flughafendebakel schwer gelitten. Man darf auf den Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses gespannt sein, der nun die gegenseitigen Schuldzuweisungen aufklären soll. Es ist nicht der erste Versuch, Licht ins Dunkel bei einem Projekt zu bringen, bei dem offenkundig zu viele Leute am Werk sind, die ihr Geschäft nicht verstehen. Unstrittig ist, dass die früher geteilte Hauptstadt nach dem Fall der Mauer einen neuen Flughafen brauchte. Doch schon die Standortwahl in Schönefeld am Rand der dicht besiedelten Metropole missglückte total. Bessere stadtferne Alternativen wurden verworfen. Ein fataler, unverzeihlicher und teurer Fehler, der die deutschen Steuerzahler noch sehr viel Geld kosten könnte.

Das Skandalprojekt offenbart Defizite bei der Planung

Denn der Hauptstadt-Airport droht zum dauerhaften Zuschussbetrieb zu werden, weil die bereits gerichtlich bestätigten Nachtflugverbote einen rentablen Betrieb enorm erschweren. Lukrative Frachtflüge wird der nahe gelegene 24-Stunden-Airport Leipzig anziehen, auch das geplante Drehkreuz für Passagiermaschinen wird eingeschränkt.

Bereits vor seiner Eröffnung ist der Hauptstadtflughafen ein Milliardengrab für alle bundesdeutschen Steuerzahler. Das Skandalprojekt offenbart seit Langem, dass es auch in Deutschland gewaltige Defizite bei der Umsetzung großer Infrastrukturprojekte gibt – und zwar auf allen Ebenen. Diese Erkenntnis ist nicht mehr neu, seit das Bahnprojekt Stuttgart 21 zum öffentlichen Streitfall über Sinn und Unsinn solcher Vorhaben geworden ist. Die Parallelen sind offensichtlich, ebenso wie die Lösungswege. Die Genehmigungsverfahren müssen gestrafft und die Entscheidungsprozesse überprüfbarer werden. Mehr Transparenz, verständliche und umfassende Informationen und eine faire Bürgerbeteiligung sind unverzichtbar.