Das Thema Armutszuwanderung ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur deutschen Hartz-IV-Regelung nicht beendet. Es muss erweitert werden, meint Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Gerichte sind nicht in erster Linie dazu da, um die Gemüter zu beruhigen. Trotzdem ist es begrüßenswert, dass dem Europäischen Gerichtshof genau dies gelungen ist. Man muss sich nur einmal vorstellen, was geschehen wäre, wenn die Luxemburger Richter anders entschieden hätten. Wenn sie der niemals arbeitenden, nicht einmal Arbeit suchenden Rumänin ein Recht auf Hartz IV zugesprochen hätten. Ein Aufschrei der Empörung wäre die Folge gewesen, die Diskussion über Armutszuwanderung wäre wieder voll entbrannt.

 

Allerdings: Diese Diskussion kann noch kommen. Das Urteil aus Luxemburg gilt für einen sehr speziellen Einzelfall. Welche Regeln für EU-Bürger gelten, die einmal, wenn auch kurzfristig, in Deutschland gearbeitet haben und dann den Gang aufs Amt antreten, das regelt die Entscheidung nicht. Und dass die Zahl der Hartz-IV-Bezieher aus Rumänien und Bulgarien bereits massiv gestiegen ist, das ist kein juristisches Problem. Seit Jahresbeginn gilt für Bulgaren und Rumänen die Freizügigkeit. Arbeitsmarktforscher haben festgestellt, dass aus dieser Gruppe sehr viel mehr Menschen Arbeit finden als zunächst gedacht. Die ist allerdings so katastrophal bezahlt, dass die Zahl der Aufstocker rapide steigt. Es ist richtig, gegen Sozialschmarotzer vorzugehen. Gegen Hungerlöhne aber auch.