Die katholische Kirche und der Schwesternorden müssen intern aufklären, wie es zu den Missständen im Kinderheim Ludwigsburg-Hoheneck gekommen ist – das fordert unser Autor Rafael Binkowski.

Ludwigsburg - Es ist sicher schwierig, Vorgänge aufzuklären, die 30 oder 40 Jahre zurückliegen. Das katholische Kinderheim St. Josef ist 1992 geschlossen worden. Doch angesichts der gravierenden Vorwürfe über lange Zeiträume, die von zahlreichen ehemaligen Heimkindern übereinstimmend erhoben werden, ist kaum vorstellbar, dass es keine Akten und Aufzeichnungen darüber gibt. Auch wird deutlich, dass einige Schwestern befragt werden könnten.

 

Haben autoritäre Strukturen Gewalt begünstigt?

Immerhin hat sich die für das Karlmelitinnen-Kloster Hoheneck zuständige Hausleiterin öffentlich entschuldigt. Das ist ein erster Schritt – der gleichzeitig auch nahelegt, dass es etwas gibt, wofür man sich zu entschuldigen hat. Daher haben der Orden und die katholische Kirche die Pflicht, alles zu tun, um die Vorgänge intern aufzuarbeiten und zu untersuchen, inwieweit autoritäre Strukturen Gewalt begünstigt und Aufklärung verhindert haben. Dass die katholische Kirche zwei Anlaufstellen bei der Caritas und der bischöflichen Diözese in Rottenberg einschaltet und sich zur Aufklärung bekennt, ist lobenswert. Es ist aber auch verständlich, dass die Heimkinder angesichts des erlittenen Leids und schlechter Erfahrung mit der Kritikfähigkeit kirchlicher Institutionen kein Vertrauen mehr in solche Einrichtungen haben.

Unabhängige Aufklärung tut Not

Es wäre daher angebracht, eine unabhängige, wissenschaftlich begleitete Aufklärungskommission einzusetzen. Diese könnte ohne Verpflichtungen gegenüber kirchlichen Hierarchien alle Heimkinder anhören und ein objektives Bild der Lage zeichnen. Dazu gehört, dass auch diejenigen zu Wort kommen, die ihre Heimzeit positiv in Erinnerung haben.

Alle Zeitzeugenschilderungen sind ernst zu nehmen. Die Wahrheit ist weder schwarz noch weiß, es gab auch liebevolle Schwestern. Doch dass systematisch schweres Unrecht geschehen ist, dafür gibt es zumindest viele Hinweise.