Ohne Zweifel ist in Sachen Hochwasserschutz viel getan worden. Doch wie sich jetzt gezeigt hat, reichen die Maßnahmen gegen die Flut nicht aus. Der StZ-Redakteur Klaus Zintz fordert ein schnelles und gezieltes Handeln.

Stuttgart - Noch gibt es in manchen Überschwemmungsgebieten entlang der Elbe wegen des anhaltend hohen Wasserstandes keine Entwarnung. Doch immerhin können immer mehr Menschen in ihre evakuierten Häuser zurückkehren – und stehen dort oft genug vor dem Ruin ihrer Existenz. Wie sehr die schlammbeladenen Wassermassen in vielen Siedlungsgebieten gewütet und welch immense Schäden sie hinterlassen haben, das wird auch allen nicht von den Fluten betroffenen Menschen durch die Medien klargemacht. Und das Interesse ist groß, wie die hohen Einschaltquoten der Sondersendungen im Fernsehen über die Flut zeigen. Immerhin hat die Politik schnell reagiert, sie will mit einem milliardenschweren Fonds den Betroffenen unbürokratische Hilfe leisten. Besonders das Engagement der Bundeskanzlerin Angela Merkel mag dabei mit dem nahenden Bundestagswahlkampf zu tun haben. Gleichwohl ist das Hilfspaket ein wichtiges Signal an die Betroffenen, dass sie von der Politik nicht im Stich gelassen werden.

 

Mit dem Rückgang der Wassermassen zeigt sich aber auch, dass die Schäden der jüngsten Flut noch größer sind als beim letzten Jahrhunderthochwasser, das gerade einmal elf Jahre zurückliegt. Nun sind Hochwasserereignisse von jeher Naturkatastrophen, die sowohl in ihrem zeitlichen Auftreten als auch im Umfang unkalkulierbar sind. Doch die Häufung derartiger Fluten in Deutschland gibt zu denken. Nachdenklich stimmt auch, dass die Wasserstände der jetzigen Jahrhundertflut teilweise deutlich höher lagen als 2002.

Neue Fluträume wurden kaum geschaffen

Klar ist, dass in den vergangenen Jahren in den betroffenen Gebieten viel für den Hochwasserschutz getan wurde. Allerdings haben die Länder und Kommunen vor allem Deiche saniert und neue Schutzwände errichtet. Dadurch wurde aber der Raum, der den Flüssen bei Hochwasser zur Verfügung steht, weiter eingeengt. Neue Fluträume wurden dagegen kaum geschaffen. Das führt mit dazu, dass manche Städte wie etwa Passau von immer höheren Pegelständen getroffen werden. Wie wichtig Überschwemmungsflächen sind, zeigt sich bei Deichbrüchen: So schlimm sie für die betroffenen Menschen sind, für die flussabwärts gelegenen Gemeinden bewirken sie oft eine deutliche Erleichterung ihrer Lage.

Da Klimaexperten prophezeien, dass im Zuge der Erwärmung der Erde die Wahrscheinlichkeit extremer Niederschläge wächst, steigt auch die Gefahr, dass sich Jahrhundertfluten häufen. Somit kann man ihnen aber auch nicht mehr mit der bisherigen Strategie beikommen – nämlich nur die Deiche zu erhöhen. Es muss mehr als bisher dafür getan werden, dass es in den Flussauen größere Überflutungsflächen gibt.

Hochwasserschutz muss länderübergreifend wirken

Immerhin waren sie einmal vorhanden, bevor sie landwirtschaftlichen Nutzflächen und Siedlungen weichen mussten. Mangelnder politischer Wille, fehlende Planungskapazitäten bei den zuständigen Behörden wie auch vielfältige Widerstände in den betroffenen Kommunen haben dazu beigetragen, dass auf diesem Gebiet noch viel zu wenig passiert ist. Und auch die unterschiedlichen Interessen der Bundesländer sind ein Thema, denn ein sinnvoller Hochwasserschutz kann nur länderübergreifend stattfinden.

Doch auch bei höheren Deichen und größeren Überflutungsflächen bleibt das berühmte Restrisiko. Und das wird in Zeiten des Klimawandels steigen. Umso wichtiger wäre es, dieses Risiko auf viele Schultern zu verteilen. Genau das tut eine Versicherung. Für Halter von Kraftfahrzeugen ist sie Pflicht, nicht aber für Hausbesitzer. Dieses Manko wollen nun die Justizminister der Länder mit einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden beseitigen. Auch wenn über deren genaue Ausgestaltung noch zu diskutieren sein wird, so kann man nur hoffen, dass der Absichtserklärung nun auch Taten folgen.