Vom 1. August an gibt es den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Deshalb sind viele neue Kitas gebaut worden. Doch es kommt nicht nur auf die Zahl der Plätze an, meint die StZ-Redakteurin Stefanie Keppler.

Stuttgart - Keine Mutter kann mit ruhigem Gewissen einem Beruf nachgehen, wenn sie ihr Kind nicht in guten Händen weiß. Deswegen waren zahlreiche Mütter mit Kindern unter drei Jahren hierzulande nicht berufstätig – Deutschland ist bei der Quote der Kleinkindbetreuung und zugleich auch bei der Beschäftigungsquote von Müttern bis heute eines der Schlusslichter in Europa. Dies soll sich nun ändern. Das ist gut und richtig – allerdings ist es höchste Zeit, nicht nur über den Krippenausbau, sondern vor allem über die Qualität der Betreuung zu sprechen. Denn nicht jeder Kitaplatz ist auch ein guter Platz.

 

Wenn am 1. August der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige in Kraft tritt, sollen die meisten Eltern, die es wollen, ihre Kinder in Krippen und bei Tagesmüttern unterbringen können. Insgesamt 813 000 Betreuungsplätze für das Kindergartenjahr 2013/14 haben die Länder dem Familienministerium gemeldet, einige Plätze werden erst im Laufe dieses Jahres fertig. Der Deutsche Städtetag geht allerdings von deutlich weniger Betreuungsplätzen aus. Die Angebote sind regional ungleich verteilt, und vor allem in Großstädten werden viele Plätze fehlen.

Die Bezugspersonen sind entscheidend

Auch bei den bestehenden gibt es Verbesserungsbedarf. Schon jetzt erfüllt kein Bundesland den für Krippen empfohlenen Betreuungsschlüssel von einer Erzieherin für drei Kinder. Das ist das Ergebnis des vor  Kurzem vorgestellten „Länderreports frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann-Stiftung. Danach betreut in ostdeutschen Krippen eine Vollzeitkraft sechs Kinder, in den westdeutschen Ländern sind es im Schnitt vier. Wie viele Kinder eine Erzieherin zu betreuen hat – sprich: sie wickelt, tröstet, füttert, mit ihnen spielt und zum Mittagschlaf hinlegt –, ist aber das entscheidende Kriterium für die Qualität der Kleinkindbetreuung. Die Kleinen lernen besser, fühlen sich geborgener und können sich nur dann optimal entwickeln, wenn sie Bezugspersonen haben, die ausreichend Zeit für sie haben.

In den vergangenen Monaten wurden die Krippenplätze im Eiltempo ausgebaut. Nur: Zu welchen Bedingungen? Vielerorts wurden die Standards gesenkt, um eine Klagewelle nach dem 1. August zu verhindern. Hinzu kommt der Erziehermangel. Viele Kommunen sind händeringend auf der Suche nach geeigneten Erziehern – und bieten Umschulungen im Schnellverfahren an. All das geht aber auf Kosten der Kinder. Beim Gebäude oder der Ausstattung kann man gerade noch ein Auge zudrücken, aber eine Lockerung des Personalschlüssels oder der Einsatz von fachfremdem Personal als Erzieherinnen-Ersatz ist ein Tabu.

Die Kita kann eine großartige Einrichtung sein

Eine gute Erzieherin kann zeitweise Engpässe auffangen, doch auf Dauer müssen die Qualitätsstandards in den Krippen erfüllt werden. Denn bei Überlastung der Erzieher nimmt der emotionale Stress für die Kinder zu, sie werden anders angesprochen, sprachlich nicht mehr genügend gefördert, der Ton wird rauer. Die Anpassungsfähigkeit des Kindes kann überfordert, das Sicherheitsgefühl erschüttert, im schlimmsten Fall die seelische Gesundheit beeinträchtigt werden.

Wer sein Kind ab dem ersten Lebensjahr in eine Krippe gibt, weiß vorher nie genau, wie es reagieren wird. Umso wichtiger sind eine gute Eingewöhnung, ein vertrauensvoller Umgang zwischen Eltern und Erziehern und pädagogische Fachkräfte, die sich genügend Zeit für ihre Schützlinge nehmen können. Wenn all diese Faktoren zutreffen, ist eine Krippe eine großartige Einrichtung, in der die Kleinen unter Gleichaltrigen heranwachsen und im sozialen Umgang viel lernen können. Dann erfahren sie eine vielfältige Förderung und ein anregendes Umfeld, wie sie nicht alle Eltern zu Hause anbieten können. Wenn all diese Faktoren in den Krippen zutreffen, dann können Mütter auch ruhigen Gewissens ihrem Beruf nachgehen.