Mit Spannung wird die richterliche Einschätzung erwartet, ob die Stadt die Mehrkosten ganz oder teilweise übernimmt, die einer Familie durch die teurere Alternative entstanden sind. Die Entscheidung kann Präzedenzcharakter haben, kommentiert Inge Jacobs.

Stuttgart - Seit nahezu anderthalb Jahren haben Eltern das Recht auf einen Krippenplatz für ihre ein- bis zweijährigen Kinder. Doch in Stuttgart fehlen – wie auch in anderen Kommunen – mehrere Tausend Betreuungsplätze in Kindertagesstätten. Trotz aller Ausbaubemühungen schafft es die Landeshauptstadt bis jetzt nicht, den Rechtsanspruch für alle zu erfüllen. Umso mehr erstaunt es, dass die erwartete Klagewelle ausgeblieben ist.

 

Dies hat offenbar pragmatische Gründe. Die Stadt hat von Anfang an deutlich gemacht, dass selbst Klagen die bisherigen Aufnahmekriterien nicht außer Kraft setzen könnten. Dass also der Nachwuchs von juristisch besonders findigen Eltern nicht rascher einen Platz bekommt als andere Sprösslinge. Das ist schlüssig. Dennoch darf man gespannt sein, wie das Verwaltungsgericht den Fall bewertet.

Mit besonderer Aufmerksamkeit wird jedoch die richterliche Einschätzung erwartet, ob die Kommune die Mehrkosten, die einer Familie durch die teurere Alternative einer Privatkita entstanden sind, ganz, teilweise oder gar nicht übernehmen muss. Die Entscheidung könnte Präzedenzcharakter bekommen und gegebenenfalls Nachahmer zur Folge haben. Falls die Kommune die Mehrkosten übernehmen muss, könnte dies sogar andere Träger dazu bringen, die Gebühren zu erhöhen. Für die Stadt Stuttgart wären die Auswirkungen überschaubar: Sie kann auf Zeit spielen. Erstens vergehen Fristen, bis das Urteil rechtskräftig ist. Zweitens verringert sich mit dem steten Ausbau der Krippenplätze auch der Druck, diese einzuklagen.