Grüne und SPD haben sich viel vorgenommen. Auf die neue Koalition kommt tatsächlich viel Arbeit zu, meint StZ-Redakteur Thomas Breining.

Stuttgart - Grün und Rot haben mächtig Lust aufs Regieren. Die beiden Parteien haben sich für die nächsten fünf Jahre viel vorgenommen. Als der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen und sein Spitzenkollege von der SPD, Nils Schmid, am frühen Nachmittag ihr Regierungsprogramm verkündeten, fühlte man sich im Kleinen an die Aufbruchstimmung erinnert, die Willy Brandt 1972 mit seinem „Mehr Demokratie wagen“ auslöste. Da wird verständlich, dass die beiden Koalitionspartner versuchen, das sie inhaltlich zutiefst trennende Konfliktthema Stuttgart 21 mit ihrem Volksabstimmungskompromiss erstmal auf Eis zu legen. Es soll sie nicht gleich bei den ersten Schritten behindern, wenn sie ihren Elan umsetzen. Wie dick das Eis ist und wie weit der Anfangsschwung ins Dickicht der landespolitischen Tagesaktualität trägt, wird man gespannt beobachten.

 

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätten die Grünen bei dieser Programmabsprache vor allem die inhaltlichen Noten gesetzt, während die Sozialdemokraten auf das machtvolle Gestalten von Ministersesseln aus setzen. Mit dem Superminister für Wirtschaft und Finanzen, dem Kultusressort, dem Innenministerium, dem Ressort für die Justiz, dem für Arbeit und Soziales und dem Minister für Bundesangelegenheiten haben sie die klassischen und für die Landespolitik wichtigsten Zuständigkeiten für sich gesichert. Ein Integrationsministerium gab es als Zugabe wohl obendrein.

Die Grünen schalten vor allem aus der Regierungszentrale heraus, wo neben dem Regierungschef Kretschmann ein männlicher oder weiblicher Staatsminister, ein Staatssekretär mit Kabinettsrang und eine Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung amtieren. Dazu kommen die für die Grünen gleichsam unverzichtbaren Bereiche Umwelt, Klima und Energie sowie Verkehr und Infrastruktur; dazu die Wissenschaft und die Landwirtschaft. Dabei war man sich noch gar nicht ganz über die Kompetenzverteilung einig und muss noch nacharbeiten. Wie sagte Nils Schmid: Ärmel aufkrempeln und loslegen. Wohl wahr.