Noch mehr Bordellbetriebe sind gewiss keine gute Lösung für das Leonhardsviertel, kommentiert StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Es wird jetzt wirklich höchste Zeit für die Stadtverwaltung, die Vergnügungsstättenkonzeption umzusetzen. Immer mehr Spielhallen (mit verdächtig wenigen Spielern an den vielen Automaten) verunstalten längst mit ihren blinden Schaufenstern das Innenstadtbild. Der Wildwuchs von Diskotheken und Tanzlokalen, die die Nachbarschaft über Gebühr beschallen, ruft förmlich nach einer regelnden Hand. Weniger ist hier mehr, und das geht, ohne dass gleich in der Republik der Eindruck entstehen würde, in Stuttgart klappten sie wieder nach Einbruch der Dunkelheit die Bordsteine hoch.

 

Am dringendsten erscheint aber eine Antwort auf die Frage, wie man sich die Zukunft der Altstadt vorstellt. Die CDU ist ja nach den Wahlschlappen bemüht, sich einen großstädtischen Anstrich zu verpassen. Das gelingt ihr aber gewiss nicht mit der Einstellung, im Leonhardsviertel sei die Welt doch in Ordnung und es vertrage noch mehr „Vergnügungsstätten“ für Spieler, Sportwetter, Sex- und Erotikgewerbekunden. Dort leben nämlich – keiner hätte es gedacht – jede Menge junge und alte Menschen. Wenn man das Leonhardsviertel vollends herunterwirtschaften will, dann muss der Gemeinderat am Ende der Plangenehmigung nur dem Vorschlag nachkommen, neue Etablissements „ausnahmsweise“ zuzulassen. Damit wäre dem Wildwuchs Tür und Tor geöffnet, was den vielen Hausbesitzern natürlich recht wäre.

Nicht einmal mit dem gegenwärtigen Zustand darf sich die Landeshauptstadt zufrieden geben. Sie muss härter als bisher gegen illegale Betriebe vorgehen und sich zudem als Investor betätigen, um die Mischung im Viertel zu optimieren. Ein altehrwürdiges Wohngebiet, in dem sich auf offener Straße verelendete Mädchen aus Osteuropa für zehn Euro verkaufen, ist eine Schande für Stuttgart und nicht etwa ein touristischer Anziehungspunkt.