Dem Leonhardsviertel droht der Niedergang. Fritz Kuhn muss dessen Rettung nun in die Hand nehmen, weil bisher Ämter und Bürgermeister eher gegen- als miteinander arbeiten, meint der StZ-Redakteur Jörg Nauke.
Stuttgart - Die Wege des Herrn sind unergründlich, und auch Stadtverwaltung samt Gemeinderat sind immer für Überraschungen gut. Die Stadt hat bekanntlich eine Milliarde Euro eingesetzt, um für die nächste Generation hinter dem Bahnhof neuen Wohnraum zu schaffen. Im Hier und Jetzt aber knausert und ziert sich die Kommune beim Versuch, ein altes innerstädtisches Viertel vor dem Niedergang zu bewahren – eine merkwürdige Form sozialer Wohnungsbauförderung. Nachdem sie 20 Jahre lang mehr oder weniger tatenlos zugesehen hat, wie die historische Bausubstanz verrottete und sich Immobilienhaie im Einklang mit Betreibern von Bordellen, Spelunken und Stundenhotels dank effektivem Flankenschutz seriöser Stuttgarter Kanzleien in ein altes Quartier gedrängt haben, ist es an der Zeit gegenzusteuern. Und zwar mit aller Macht und nicht weiter eher halbherzig wie bisher.
Es stimmt: der Gang mit den Bordellbetreibern durch die Instanzen ist mühsam, Vorkaufsrechte dürften schwer durchzusetzen sein. Doch osteuropäischen Mädchen Bußgeldbescheide auszuhändigen, nachdem sie von ihren Verwandten auf den Straßenstrich geprügelt wurden, erscheint auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Bisher hat die Öffentlichkeit die Bemühungen der Behörden kaum wahrgenommen, weil jedes Amt sein Ding gemacht hat. Solange sich die Bürgermeister selbst bedauern und gegeneinanderarbeiten, wird das aber nichts mit der Rettung des Leonhardsviertels. Das könnte doch OB Kuhn übernehmen. Es wäre ein guter Einstand, wenn er das Quartier ordnen könnte.