Allein wegen seiner schieren Größe ist das Einkaufszentrum Milaneo ein Sonderfall für Stuttgart. Ein Kommentar von StZ-Redakteur Sven Hahn.

Stuttgart - Die Dimensionen beeindrucken. Schon die bekannten Kennziffern des Milaneo sind imposant. Doch mehr noch versetzt einen beim ersten Besuch die Wucht der drei Gebäude in Erstaunen, die die Stadtbibliothek nebenan fast klein und verloren wirken lassen. Diese schiere Wucht fasziniert nicht nur; sie setzt auch Zeichen. Beispielsweise jenes, dass sich zwischen Hauptbahnhof und Pragfriedhof ein Projekt entwickelt hat, das in Zeiten des fortschreitenden Onlinehandels auf den stationären Verkauf von Produkten setzt. Oder dass Stuttgart offensichtlich so attraktiv ist, dass sich große neue Marken hier ansiedeln wollen.

 

Doch aus seiner monumentalen Größe heraus erwachsen dem Projekt auch grundlegende Probleme. Damit das größte Einkaufszentrum im Südwesten funktioniert, müssen wahre Menschenmassen ins Milaneo strömen. An einem guten Tag sollen bis zu 120 000 Kunden in die Mall drängen. Das sind doppelt so viele Besucher, wie Menschen in einer restlos ausverkauften Mercedes-Benz-Arena Platz finden. Solche Massen generieren zusätzlichen Verkehr. Doch die Wolfram- und die Heilbronner Straße sind bereits staugeplagte Problemstellen. Bis zu 41 Prozent mehr Autos, wie es ein Gutachten der Stadt vorhersagt, kommen totalem Stillstand wohl nahe.

Das zweite Problem könnte der Mietermix werden. Um möglichst viele Menschen in das Center zu locken, setzt das Milaneo auf Frequenzbringer wie Primark. Die umstrittene irische Modekette wird ein junges Publikum anlocken, das an extrem billiger Mode interessiert ist. Ob davon die anderen Mieter im Center profitieren können, die wesentlich höhere Mieten bezahlen und daher für das Center ebenfalls wichtig sind, ist zumindest fraglich. Hochpreisige Anbieter, die das Milaneo ebenfalls zu bieten hat, dürften mit der Klientel von Primark zumindest zu kämpfen haben.

Doch eines ist klar: eben wegen seiner Größe ist das Milaneo viel zu wichtig für die Stadt, als dass ein Misserfolg wünschenswert sein könnte. Probleme im Betrieb lassen sich lösen, ein Scheitern und dessen Folgen wären für den Handelsstandort Stuttgart aber fatal.