Das Musikfest verliert Besucher. Will es sich behaupten, muss das Konzept geschärft werden, findet StZ-Musikredakteur Götz Thieme.

Stuttgart - Man soll es mit den Feiern nicht übertreiben, zumal wenn die Mittel knapp sind. Sicher, die Hochzeitsfeierlichkeiten von Katharina mit dem Großfürsten Peter 1745 in Moskau nahmen zehn Tage in Anspruch, bei Marie Antoinette 25 Jahre später in Versailles und Paris ging die Fete zwei Wochen. Das wäre für ein Musikfest, ein regionales wie das in Stuttgart zumal, ein gutes Maß. Aber die ausrichtende Bachakademie meint – nun im dritten Jahr –, drei Wochen seien besser. Sind es nicht.

 

Zersplitterung, fehlende Konzentration, ein Programm, das oft mühsam durch das Motto Glaube zusammengehalten wurde: das hat das Musikfest Stuttgart dieses Jahr künstlerisch weniger sichtbar gemacht, obwohl es durch mehr Veranstaltungen in der Stadt und erstmals in Esslingen und Böblingen vordergründig präsenter zu sein schien. Der kühle Blick auf die Zahlen sagt alles: 2009 hatte man 34 000 Zuschauer, 2010 waren es 27 000, steigerte sich 2011 auf 29 000, um jetzt 25 000 Besucher als Erfolg zu verkaufen. Die von der Bachakademie verkündete Auslastungszahl von 80 Prozent gegenüber den 73 Prozent des Vorjahres ist Augenwischerei, vergleicht man die absoluten Zahlen. Und wenn man noch weiter zurückblickt, sieht man: das Musikfest hat sich verändert. Vor acht Jahren zählte man beispielsweise 42 000 Festivalbesucher.

Die Mittel sind knapper geworden und Helmuth Rilling, der Anfang des Jahres von der Leitung der Bachakademie zurückgetreten ist, steht nicht mehr im Zentrum des Festivals wie bis vor wenigen Jahren. Daher muss das Konzept weiter geschärft werden, was richtig ist, hin aber auch zu einer noch strengeren Dramaturgie, gleichzeitig mit mehr künstlerischer Qualität. Wenn in der 10-Gebote-Reihe zum Stichwort „Du sollst nicht stehlen“ das Polizeiorchester aufspielt, ist das nicht mehr als ein Kalauer. Da gibt es mehr Spielraum zwischen eleganter Seriosität und papierener Langeweile.