Der neue EnBW-Chef Frank Mastiaux steht vor großen Aufgaben bei dem Karlsruher Energieversorger. Doch die Eigentümer – das Land Baden-Württemberg und die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke – müssen endlich sagen, was sie mit ihrem Unternehmen vorhaben, fordert StZ-Chefredakteur Joachim Dorfs.

Chefredaktion: Joachim Dorfs (jd)

Stuttgart - Umbau“, lautete die knappe Auskunft von Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf die Frage, was er denn von Frank Mastiaux, dem neuen Chef des Energiekonzerns EnBW, erwarte. Es zeigt in einem Wort das Dilemma des neuen Vorstandschefs und viel mehr noch des Unternehmens, das er nun führen soll. „Umbau“, lautete nämlich bereits der Auftrag für Mastiauxs Vorgänger Hans-Peter Villis und Utz Claassen. Villis sollte das Unternehmen aus den Schlagzeilen holen und es weniger barock führen als Goldkettchenträger Utz Claassen. Claassen wiederum sollte – „Umbau!“ – aus dem defizitären Gemischtwarenladen EnBW, den Gerhard Goll geformt hatte, einen profitablen reinen Energieanbieter formen.

 

Bei einem noch viel größeren Konzern lässt sich besichtigen, wohin es führt, wenn jeder neue Vorstandschef die Firma strategisch neu erfinden muss oder will. Edzard Reuter, Jürgen Schrempp, Dieter Zetsche, die letzten drei Daimler-Vorstandschefs, haben eines gemeinsam: sie haben bei Amtsantritt jeweils das Lenkrad herumgerissen. Der Autokonzern büßt dafür noch heute, wie der Abstand zu den Rivalen BMW und Audi belegt.

Kein anderer Energiekonzern hängt so von der Kernkraft ab

Nun ist die Energiewende Fakt, und kein anderer Energiekonzern in Deutschland ist so von der Kernkraft abhängig wie die Badener. Auch die undurchsichtigen Beziehungen zum russischen Geschäftsmann Bykov und der Besitzerwechsel von der französischen EdF zum Land Baden-Württemberg hinterlassen noch tiefe Spuren im   Unternehmen. Insofern ist der „Umbau“-Auftrag logisch und notwendig. Nur trifft er auf ein Unternehmen mit 20 000 Mitarbeitern, die vor lauter Richtungswechseln in den vergangenen Jahren schon gar nicht mehr wissen, wohin sie marschieren sollen und wie lange die neue Zielbestimmung denn hält.

Deshalb müssen die Bauarbeiten durch den neuen Vorstandschef, die die EnBW wohl tiefer verändern werden als alle vorherigen, auch nachhaltiger sein als die bisherigen. Sonst wäre nicht nur Mastiaux, sondern wären vor allem die großen Anteilseigner, das Land und die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke, gescheitert.

Land und OEW legen sich nicht fest

Schon lange drücken sich die Eigentümer vor einer Festlegung. Fast schon verzweifelt verweisen sie darauf, dass der neue Vorstandsvorsitzende ein Fachmann sei, der schon eine Strategie werde präsentieren können. Der kündigte gestern auch flugs an, die „EnBW neu zu denken“. Doch was wollen die oberschwäbischen Landräte von dem Unternehmen außer Dividenden? Was will die Landesregierung, die den Versorger nach dem Kauf durch CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus unverhofft geerbt hat? Und passt das zusammen? Zwar hat man nach den ersten Irritationen zwischen grün-roter Landesregierung auf der einen und schwarzen Landräten auf der anderen Seite den Eindruck, dass die Eigentümer vernünftig miteinander umgehen. Doch was soll die EnBW denn nun sein: Ein ökologischer Vorzeigekonzern, der den Wandel zu erneuerbaren Energien beispielhaft vorantreibt? Oder ein Unternehmen, das verlässlich Gewinne ausschüttet und so die öffentlichen Kassen füllt? Ein vorbildlicher Arbeitgeber? Partner der Kommunen? Garant für Versorgungssicherheit im Südwesten? Alles schöne Ziele, nur lassen sich diese nicht notwendig in Übereinstimmung bringen.

Im Konzern muss sich viel ändern – bei den Eignern auch

Mit seinem bisherigen Werdegang als Verantwortlicher für erneuerbare Energien beim Versorger Eon ist Frank Mastiaux zuzutrauen, dass er die Unternehmensziele umsetzen kann. Doch zuvor müssen die Anteilseigner – gemeinsam – Antworten finden. Wenn es dem neuen EnBW-Chef nicht ähnlich gehen soll wie seinen Vorgängern Goll, Claassen und Villis, wird sich im Konzern vieles ändern müssen – und bei den Eigentümern noch viel mehr.