Ein frischer Blick von außen bietet Chancen: Der neue Chef der Wilhelma in Stuttgart sollte den Erlebniswert des Zoos verbessern und sich für Kritiker öffnen, fordert der StZ-Redakteur Erik Raidt.

Stuttgart - Der Neue kommt von außen. Neun Monate lang hat sich die Auswahlkommission im Finanzministerium Zeit gelassen, bis die Entscheidung darüber fiel, wer künftig den größten und wichtigsten Zoo in Baden-Württemberg führen soll: Thomas Kölpin, ein gebürtiger Hamburger, besitzt keinerlei Stallgeruch – der 44-Jährige kennt die Wilhelma nur als Besucher, abgesehen davon ist er in Stuttgart ein unbeschriebenes Blatt.

 

Die Eingewöhnung könnte also etwas länger dauern, gleichzeitig bietet der frische Blick eines Unvoreingenommenen aber auch Chancen. Thomas Kölpin wird den zoologisch-botanischen Garten weder neu erfinden müssen noch können. Der amtierende Wilhelmadirektor Dieter Jauch hat die größte offene Baustelle kürzlich geschlossen, als das neue Affenhaus viel später und weitaus teurer als ursprünglich geplant eröffnet wurde.

Gastronomie und Wegeführung verbessern

Dennoch gibt es für den Neuen etliche Themenfelder, auf denen er in der Wilhelma neue Akzente setzen könnte. An erster Stelle steht der Erlebniswert für die Besucher des Zoos: Das gastronomische Angebot wird seit Jahren immer wieder kritisiert und in Teilen als nicht mehr zeitgemäß eingestuft. Die Wegeführung für die Besucher des Zoos ist zwar verbessert worden – aber immer noch ausbaufähig. Von Zoos wie jenen in Leipzig oder Hannover, die dem Publikum nach Kontinenten geordnete Erlebniswelten bieten, ist die Wilhelma mehr als eine Rüssellänge entfernt.

Man muss fair sein: Dies hat auch mit den historischen Gebäuden und dem Baumbestand der Wilhelma zu tun, dennoch wird Thomas Kölpin nicht umhinkommen, die Attraktivität des Zoos für die Besucher zu steigern. Dazu gehört auch ein konsequenterer Einsatz von neuen Medien, die herkömmliche Hinweistafeln an den Gehegen kind- und jugendgerecht ergänzen sollten.

Eine unbequeme Diskussion

Beim Artenschutz setzt der Stuttgarter Zoo heute schon in vielerlei Hinsicht Maßstäbe – umso notwendiger wäre es, wenn sich die Wilhelma künftig auch für die Diskussion mit den Kritikern der Zoohaltung von Tieren stärker öffnen würde. Dies wird eine unbequeme Diskussion, aber es ist besser, sie führen zu wollen, als auf Abwehr zu schalten. Zur weiteren Öffnung nach außen gehört auch ein modernes Marketing. Dabei ist die Wilhelma bisher eher zögerlich aufgetreten – der exzellente Zoologe Dieter Jauch hinterlässt seinem Nachfolger auf diesem Gebiet ein Feld, auf dem der noch entschiedener punkten könnte.