Vieles deutet darauf hin, dass der Böblinger Polizist zugleich Täter und Bauernopfer ist, meint StZ-Redakteur Rüdiger Bäßler.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Böblingen - Deutsche Polizeibeamte bedienen sich im Kampf um ihre Pensionsansprüche vor Gerichten einer Verteidigungsstrategie, die man von kriminellen Kartellen kennt: Sie verschanzen sich hinter Mauern des Schweigens. Es sind Männer, die für sich in Anspruch nehmen, zu den Besten ihres Fachs zu gehören. Es ist widerlich zu hören, wie sie lächerliche Ausflüchte gebrauchen oder ihre Erinnerungsfähigkeit ganz verleugnen. Sie sind eine Schande für die ganze Polizei.

 

Das ist nicht alles. Der Böblinger Prozess macht ein weiteres Mal klar, dass der riesige Schulungsumfang libyscher Polizisten nicht ohne Wissen und damit nicht ohne Billigung deutscher Regierungsstellen vonstattengegangen sein kann. Die stillen Ermöglicher aber bleiben im Dunkeln. Was soll man angesichts dessen davon halten, dass die baden-württembergische Justiz Jahre gezögert hat, bis sie gegen die verdächtigen Beamten massiv wurde?

Hier liegt die politische Komponente der Affäre. Als deutsche Beamte nach Libyen reisten, war Gaddafi ein Schurke, mit dem man wieder reden konnte. Jetzt schießen seine gut geschulten Schergen aufs eigene Volk. Das ist die moralische Seite des Falls. Der neue SPD-Innenminister Reinhold Gall hat das früh erfasst. Er muss die Affäre von den Gerichten zurück in die Politik holen.