Uwe B. und Uwe M. sind jahrelang rechtsextremen Taten nachgegangen. Die Behörden haben versagt. Aber das ist nicht der Kern des Problems.

Am 9. Juni 2004 werden in Köln in einer von Türken bewohnten Straße 22 Menschen durch eine Nagelbombe verletzt. Einen Tag später erklärt der damalige Bundesinnenminister Otto Schily, wenig spreche für die Tat von Extremisten, vieles für ein kriminelles Milieu. Schily plappert nach, was Polizisten erzählen. Später ermittelten die Fahnder vergeblich in alle Richtungen. Aber die erste, für den Polizeierfolg so wichtige Vermutung war von einem abgründigen Vorurteil geprägt. Damals, ein Jahrzehnt nach den Exzessen von Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen, musste jeder in Deutschland wissen, zu welcher Gewalt Ausländerfeindlichkeit führen kann. Heute ist bekannt, dass sich die Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos vor ihrem Selbstmord auch dieses Verbrechens bezichtigt haben. Ob es stimmt, wird geprüft.

 

Als sich in den Jahren nach 2000 abzeichnet, dass es sich bei den Morden an acht türkischstämmigen und einem griechischen Kleingewerbetreibenden um die Serie einer Tätergruppe handelte, da wird auf Schutzgelderpressung, Menschenhandel, Geldwäsche und Drogen als Motiv getippt. Gegen die These rechtsextremer Täter, die auch erwogen wird, spricht nach Ansicht der Fahnder, dass kein politisches Kapital aus den Morden geschlagen wurde.

In all den Jahren hatten Rechtsextremisten eine Vielzahl von Ausländern und Obdachlosen malträtiert, einige ermordet, ohne ein politisches Pamphlet vorzulegen. Die Szene verstand das Motiv der Taten auch ohne Bekennerschreiben. Nur die Behörden weigern sich, viele offenkundig rechtsextrem und ausländerfeindlich motivierte Taten als solche anzuerkennen, und verbuchen sie bei der gewöhnlichen Kriminalität. Im Verfassungsschutzbericht heißt es: "Auch im Jahre 2010 waren in Deutschland keine rechtsterroristischen Strukturen feststellbar." Die Gewalt werde spontan begangen. Heute ist so gut wie sicher, dass die Terrorgruppe um Böhnhardt und Mundlos nicht nur neun Ausländer, sondern auch eine Polizeibeamtin getötet hat.

Die Politik reagiert immer stärker auf Emotionen

Das ist der ganz gewöhnliche Hintergrund, vor dem die jetzt entbrennende Diskussion geführt werden muss, ob die Sicherheitsbehörden auf dem rechten Auge blind sind. Sie sind nicht blind, sie haben bloß keine Lust. Die notwendigen Instrumentarien haben sie. Was sie können, wenn sie denn wollen, haben die Behörden im Kampf gegen den gewaltbereiten Islamismus bewiesen. Dafür sind sie zu loben. Den Rechtsextremismus in Deutschland aber haben sie vernachlässigt. Dies taten sie auch deshalb, weil der Politik das Thema unwichtig war. Die Politik wiederum reagiert immer stärker auf Emotionen. Man muss es einfach einmal sagen: Ausländer, die nicht in bevorzugten Wohnquartieren wohnen, und Obdachlose werden als Opfer nicht so wahrgenommen wie andere Opfer.

Es ist nicht zu verstehen, dass ein Trio, das den Behörden seit 1994 als rechtsextrem und gewaltbereit bekannt ist, untertauchen, so lange in der Illegalität leben und morden konnte. Was da in Thüringen und Sachsen geschehen ist, was der Verfassungsschutz gewusst hat, wird noch zu klären sein. Das kann sich zu einem eigenen Skandal auswachsen. Aber das ist nicht der Kern des Problems. Dorthin allein kann die Verantwortung nicht abgeschoben werden, auch nicht allein auf die Sicherheitsbehörden, die versagt haben. Es wird nicht genügen, ein paar Köpfe auszutauschen.

Der Kampf gegen den rechten Terror kann nur gemeinsam und letztlich auch nur politisch gewonnen werden. Die drei oder vier Mitglieder dieser Terrorzelle mögen isoliert gehandelt haben. Aber sie hatten Unterstützer, und sie hatten langjährige Verbindungen in die braune Szene des "Thüringer Heimatschutzes" hinein. Dort wiederum gibt es eine Verflechtung zur NPD. Ein Verbot dieser Partei ist überfällig. Jetzt muss es in die Wege geleitet werden.