Die juristische Auseinandersetzung zum Sampling geht auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weiter. Zwar hat die Kunstfreiheit einen Teilerfolg erzielt, doch viele Fragen bleiben offen, kommentiert Redakteur Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Karlsruhe - Seit mehr als einem Jahrzehnt streiten die Gruppe Kraftwerk und der Produzent Moses P. um zwei Sekunden Musik. Nun hat das Bundesverfassungsgericht Recht gesprochen – der Streit ist damit aber nicht beendet. Zwei mal schon hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Akte auf dem Tisch gehabt, da landet sie nun wieder. Die Verfassungsrichter haben den Kollegen des höchsten deutschen Zivilsenats wenig verblümt empfohlen, die Sache doch vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen. Und sie haben deutlich gesagt, dass ihnen die vom BGH erdachten Kriterien zur Lösung des Falles nicht gefallen. Bestehende Gesetze seien im Sinne der Kunstfreiheit auszulegen, so das Verfassungsgericht. Die Deutung des BGH lasse in dieser Hinsicht deutliche Fehler erkennen.

 

Das Urteil bietet Raum für neue Fragen

Allerdings: Auch die vom Verfassungsgericht entwickelten Maßstäbe sind durchaus geeignet, neue Fragen aufzuwerfen. Da ist zum einen der Verweis auf die Kürze der gesampelten Sequenz. Die betrug zwei Sekunden – allerdings ist sie in dem neuen Stück als sich wiederholende Endlosschleife verwendet worden. Wiegt das mehr oder weniger als ein längerer Ausschnitt, der nur ein Mal verwendet wird? Weiterer Streit ist programmiert. Ebenso problematisch ist es, auf den nicht vorhandenen wirtschaftlichen Schaden des Rechteinhabers abzustellen. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Kunstfreiheit dann einschränkbar wäre, wenn der Rechteinhaber finanzielle Einbußen geltend macht? Ob es dazu kommt, kann zum Zeitpunkt des Sampelns noch niemand sagen.

Die Diskussion wird noch Jahre andauern

Sehr deutlich hingegen haben die Richter erklärt, dass mit ihrem Spruch dem wilden kopieren nicht Tür und Tor geöffnet wird. Samples, die alleine zum Zweck der Kostenersparnis eingesetzt werden, ohne ein neues Kunstwerk zu schaffen, bleiben verboten. Und ganz ausdrücklich erwähnen die Richter, dass es dem Gesetzgeber nicht verboten ist, das Recht zur Nutzung mit einer Pflicht zur Zahlung zu verknüpfen. Die Diskussion darüber wird in den nächsten Jahren wohl geführt werden.