Die SPD in Baden-Württemberg kann bisher keinen Honig aus der Koalition mit den Grünen saugen. Sie präsentiert auf ihrem Heilbronner Parteitag zwar zwei redliche Spitzenkandidaten – aber Zuversicht sieht anders aus.

Heilbronn - Das waren Zeiten, als die baden-württembergische SPD für den Bundestagswahlkampf eigene Großplakate mit den Konterfeis ihrer einheimischen Größen drucken ließ: Herta Däubler-Gmelin war darauf, Ute Vogt, Walter Riester und Hans Martin Bury. Das war 2002 und, das muss man einräumen, es hat nicht all zu viel genutzt. Alle vier verloren ihre Direktmandate. Aber die SPD kam im Land auf 33,5 Prozent, hatte Gewicht im Bund, und sie hatte ihre namhaften Köpfe.

 

Eigene Großplakate mit südwestdeutschen Größen werden zur Bundestagswahl im Herbst nicht notwendig sein. Die Strahlkraft der Kandidaten hält sich in Grenzen. Gernot Erler ist der unumstrittene Leuchtturm der Partei. Er ist schon deshalb ein Solitär, weil er viermal hintereinander in Freiburg das Direktmandat gewonnen hat. Das trauen die Genossen ihrem renommierten Außenpolitiker auch diesmal zu. Er könnte der einzige im Land bleiben. Zum ersten Mal schickt die baden-württembergische SPD mit Erler und der Generalsekretärin Katja Mast eine Doppelspitze ins Rennen. Ob dieses Konstrukt die Schlagkraft im Wahlkampf erhöht, muss erst noch bewiesen werden.

Die SPD strotzt nicht vor Selbstvertrauen

Männer, Frauen, Regionen, alles ist auf der Landesliste überaus korrekt abgebildet. So haben die Delegierten den Vorschlag ihres Vorstands ohne großes Engagement abgenickt. Das kann man als Einigkeit werten oder als Gleichgültigkeit. Von einem begeisterten Wahlkampf sind die Genossen ohnehin weit entfernt. Nur die wenigsten scheinen zu glauben, dass sie im Südwesten einen nennenswerten Beitrag zu einem Regierungswechsel in Berlin leisten könnten. Es gilt als nahezu gottgegeben, dass die Sozialdemokratie hierzulande vier Punkte unter dem Bundestrend liegt. Personen, heißt es, hätten ohnehin einen geringen Einfluss auf das Ergebnis.

Der Landesverband präsentiert sich kraftlos und zerfahren. Man scheint sich mit der Aussicht zu begnügen, dass die amtierenden Abgeordneten den Sprung in den Bundestag schon wieder schaffen werden. Vielleicht noch ein paar Kandidaten mehr, denn schlechter als 2009, als die Partei im Land bei 19,3 Prozent landete, könne es doch wohl nicht werden, glauben viele der hiesigen Genossen. Die Regierungsbeteiligung in Baden-Württemberg könnte dazu beitragen, das Selbstvertrauen zu heben. Auch für die Grünen wird die Bundestagswahl der Prüfstein werden, ob sie sich tatsächlich als zweite Kraft im Land festsetzen können. Für die SPD allerdings sieht es gegenwärtig nicht danach aus, als könne sie für die Wahl im Herbst Honig aus der Koalition saugen. Wenn dem so ist, wird sie weiter unter dem Bundestrend bleiben.

S 21 ist die Zerreißprobe für die SPD

In der Landesregierung gilt, was für die Bundestagsabgeordneten gilt: Die meisten Akteure arbeiten redlich, aber sie wirken nicht über ihre Ressorts hinaus. Das mag bei den Grünen nicht anders sein, aber da ist halt immer wieder Winfried Kretschmann, der alles überstrahlt und seiner Partei hervorragende Umfragewerte beschert. Der SPD fehlt eine Identifikationsfigur, die die Regierungsbeteiligung im Land personifiziert und sie für die Partei nutzen könnte. Nils Schmid käme diese Funktion zu, er erfüllt sie noch nicht. In seiner Vierfach-Funktion – Finanz- und Wirtschaftsminister, Vize-Ministerpräsident und Landeschef – spielt er zu viele Rollen, um wirklich überzeugen zu können. Die Partei braucht zudem nicht nur eine Identifikationsfigur mit Außenwirkung, sie braucht auch Führung. Der Konflikt um Stuttgart 21 hat die SPD in eine dauerhafte Zerreißprobe gestürzt. Daran ändert auch die neueste Resolution nichts. Schon macht sich in Teilen der Partei Panik breit, dass man zu den letzten Befürwortern gehören könnte. Einzelne Ortsverbände, allen voran der Stuttgarter, führen ein nahezu anarchisches Eigenleben. Das ist keine gute Ausgangsposition für einen mutigen Wahlkampf.