Die Stadt Stuttgart darf nicht freihändig entscheiden, wem sie Ende 2013 die Netzkonzessionen übergibt. Ein Kommentar von Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Es ist eine vertrackte Situation: Die Stadt Stuttgart darf tatsächlich nicht freihändig entscheiden, wem sie Ende 2013 die so wichtigen Netzkonzessionen übergibt – es ist ein Verfahren vorgeschrieben, an dem sich jeder Energieversorger beteiligen kann. Dennoch gibt es keinen Grund, gleich so weit zu gehen, wie Oberbürgermeister Wolfgang Schuster es tut. Aus Angst, Probleme mit der Landeskartellbehörde zu bekommen, will er die Stadtwerke Stuttgart gleich von vorneherein mit der Energie Baden-Württemberg (EnBW) verheiraten.

 

Kommunale Stadtwerke sinnvoll

Umgekehrt wird ein Schuh draus. Zunächst sollten sich die Stadtwerke überlegen, ob sie technisch und kaufmännisch in der Lage sind, den Netzbetrieb alleine zu stemmen und ob sie das wirtschaftliche Risiko alleine tragen können. Denn grundsätzlich ist es sinnvoll, rein kommunale Stadtwerke zu bekommen – so wie München, Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg. Die Stadt Stuttgart wäre frei, ohne Rücksicht auf einen Partner die Energiewende voranzutreiben.

Wenn dieser kommunalen Lösung gewichtige Argumente entgegenstehen, so muss die Stadt sie offen vortragen. Wenn nicht, dann müsste sie in einem zweiten Schritt prüfen, ob es rechtliche Möglichkeiten gibt, das Konzessionsverfahren so zu gestalten, dass die Stadtwerke gewinnen. Das ist sehr wahrscheinlich: Die Stadt könnte zum Beispiel die Konzessionen allein den Stadtwerken übertragen, die aber die EnBW vorübergehend mit dem Netzbetrieb beauftragen. Dann wäre die EnBW nicht Gesellschafter, sondern Dienstleister – ein großer Unterschied.

Prozess muss offen und nachvollziehbar sein

Das Entscheidende aber ist, dass dieser gesamte Prozess so abläuft, dass die Bürger ihn begleiten und sich selbst ein Urteil bilden können. Vor zwölf Jahren hat die Stadt den Neckarwerken den Todesstoß versetzt und alle Anteile an die EnBW verkauft – binnen sechs Wochen war damals jener Beschluss von immenser Tragweite durchgepeitscht worden. Das war ein immenser Fehler und darf sich nie wiederholen.

Jetzt muss die Stadt deshalb beweisen, dass sie es besser kann und besser macht: Der Prozess muss offen und nachvollziehbar sein, und er muss frei sein von jedweden politischen Interessen. Denn es wäre fatal für Schuster – und vor allem für das Klima in der ganzen Stadt –, wenn noch einmal der Eindruck entstehen würde, es werde gegen die Bürger getrickst. Der Schatten von Stuttgart 21 ist überlang.