Das Verständnis für Blockaden wie beim Tunnelbohrer-Transport in der Nacht auf Freitag ist aufgebraucht. Das heißt aber nicht, dass es kaum noch Stuttgart-21-Gegner gäbe, kommentiert der StZ-Lokalchef Holger Gayer.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Es ist ein trüber Donnerstag gewesen für die Aktivisten gegen Stuttgart 21. Sie haben letztinstanzlich den Prozess um den Standort der nächsten beiden Montagsdemonstrationen verloren – und damit wohl auch ihren finalen Trumpf bei den Verhandlungen um den Arnulf-Klett-Platz als Versammlungsstätte im kommenden Jahr. Gleichzeitig hat das Regierungspräsidium das Erörterungsverfahren zur erhöhten Grundwasserentnahme beendet, obwohl die Gegner des Tiefbahnhofs noch viele Einwände formulieren wollten. Schließlich ist es den Parkschützern in der kalten Nacht zum Freitag nicht gelungen, so viele Getreue auf die Straße zu bringen, dass der Transport des Tunnelbohrers vom Hafen auf die Filder ernsthaft gefährdet worden wäre.

 

Für den überwiegenden Teil der Bevölkerung in Stadt und Region sind das gute Nachrichten. Das Verständnis für Blockaden – sei es jeden Montag am Hauptbahnhof oder bei Anlässen wie einer Tunneltaufe oder einem Schwertransport – ist aufgebraucht. Sogar zahlreiche Gegner des Bahnprojekts halten das Wirken der Aktivisten längst für kontraproduktiv.

Selbst der Projektpartner Verband Region Stuttgart zweifelt

Daraus aber den Schluss zu ziehen, dass die Zahl der S-21-Skeptiker immer kleiner werde, wäre verfehlt. Die jüngste Bürgerumfrage des Statistischen Amtes der Stadt weist nur noch eine Zustimmung von 46 Prozent für das Projekt aus. Und das Vertrauen in die Bauherrin Bahn schwindet selbst bei erklärten Befürwortern zusehends. Jüngstes Beispiel dafür ist die Stellungnahme des Verbands Region Stuttgart, der im Blick auf das Planfeststellungsverfahren für die hochproblematische Anbindung des Flughafens an den Tiefbahnhof eine Garantieerklärung für einen reibungslosen S-Bahn-Betrieb fordert. Mehr noch: die Bahn müsse sicherstellen, dass nach dem milliardenschweren Neubau mindestens die heutige betriebliche Qualität des S-Bahn-Verkehrs erreicht werde.

Das politische Zeichen, das der letzte CDU-dominierte Projektpartner damit sendet, ist bemerkenswert: Er teilt der Bahn mit, dass er Zweifel an deren Plänen hegt. Das zeigt einmal mehr, dass die wirklich wichtigen Weichen von Stuttgart 21 an den Schreibtischen gestellt werden, und nicht auf der Straße.