Das Musikfest Stuttgart ist am Sonntag zuende gegangenen. Künstlerisch war es ein großer Erfolg für den Leiter Hans-Christoph Rademann. Nur mehr Publikum wäre ihm zu wünschen.

Stuttgart - Glück gehört zum Daseins des Entrepreneurs, und der „Unternehmer“ Internationale Bachakademie Stuttgart (IBA) braucht viel davon im Jahre zwei nach Helmuth Rilling. Das Musikfest ist das Aushängeschild der Bachakademie, die Ausgabe, die jetzt am Sonntag endete, die erste, die ganz aufs Konto des künstlerischen Leiters Hans-Christoph Rademann und des Intendanten Gernot Rehrl gegangen ist. Zunächst ist festzustellen, dass das Musikfest unter dem Motto „Herkunft“ ein glückliches gewesen ist: die Stimmung in Kirchen und Sälen, beim Publikum war gut, die Veranstalter fröhlich-zuversichtlich, und – am wichtigsten – die künstlerische Attraktivität war hoch.

 

Nun liegen solche atmosphärischen und musikalischen Ertragswerte außerhalb der Faktizität, der Zahlenzähler aus der Abteilung Kämmerer und Zuschussgeber anhängen. Bei den 43 Veranstaltungen des Festivals kamen nach Angaben der Bachakademie 20 078 Besucher zum Musikfest, macht eine Auslastung von 73 Prozent. Das liegt etwas unter dem 2013 Erzielten – dem Stabwechsel-Jahr, in dem auch zwei Breakdance-Veranstaltungen positiv zu Buche schlugen. Dagegen ist die Auslastung bei Blockbuster-Festivals wie im Rheingau oder in Schleswig-Holstein mit bis zu mehr als neunzig Prozent deutlich höher – zugegeben, das Angebot an Veranstaltungen ist dort drei- bis viermal so groß.

Gut kommen immer gemischte Konzertformen an

Was bleibt den Musikfest-Machern zu tun, die Reihen dichter zu schließen? Vor allem: fest den Kurs halten. Rademanns Ziel steht ja fest: „Weltklasse für Stuttgart“. Nur mit allerhöchster Qualität, wie sie Rademanns eigene Konzerte aufwiesen, aber auch viele andere, besonders eindrucksvoll das Abschlusskonzert mit Philippe Herreweghe (siehe die Kritik auf dieser Seite), gewinnt man das Publikum. So war das Freiburger Barockorchester als Residenzorchester ein Gewinn. Gut kommen immer gemischte Konzertformen an: ob es die Sichten auf Bach sind oder eine Weinmusik in Uhlbach mit intelligenter Moderation. Da muss mit dramaturgischer Intelligenz einfach nur noch ein bisschen programmatisch geschraubt werden, dann passt alles.

Am Ende bleibt die drängende Frage, die sich auch Rademann und Rehrl stellen. Will diese Stadt, diese Region ein Festival, das Stuttgarts Ruf als Musikstadt in der Republik festigt? In welchem Umfang ist man bereit, nicht nur ideell zu investieren? Lassen sich mehr private Förderer gewinnen für solche außergewöhnlichen Anstrengungen? Fragen, die das Musikfest 2015 nicht unmittelbar betreffen, sein Motto „Freundschaft“ steht fest. Aber die danach entschieden Antworten fordern. Eine Maßnahme jedenfalls sollte sein, den Dirigenten Hans-Christoph Rademann hier so bekannt zu machen, dass auch der letzte weiß: Rilling war gestern.