Die Stadtverwaltung weiß nicht zu schätzen, was die Clubszene für Stuttgart leistet. Ein Kommentar von StZ-Redakteur Ingmar Volkmann.
Stuttgart - Berlin verfügt über die wichtigste Clubszene der Republik. Die Clubs der Hauptstadt sind längst zu einem Tourismusfaktor geworden. Der Autor Tobias Rapp hat dabei den Begriff des „Easyjetsets“ geprägt: Junge Touristen aus ganz Europa kommen mit Billigfliegern nach Berlin, um in Clubs wie dem weltbekannten Berghain zu feiern. Dabei lassen sie viel Geld in der Stadt liegen, der Einzelhandel, Hotels, Kultureinrichtungen profitieren.
Stuttgart ist zwar nicht Berlin, aber sehr wohl Zentrum einer Region mit 2,6 Millionen Einwohnern. Für die Jüngeren haben Orte wie das Areal rund um den Hans-im-Glück-Brunnen eine unschätzbare Bedeutung als Ort der Begegnung. Hier stehen im Sommer Hunderte von jungen Erwachsenen im Freien und beleben diese Stadt nachhaltig. Vor dem Barbesuch wird eingekauft, danach geht man ins Kino oder eben in einen Club. Mit ihrem pauschalen Kontrolldruck ist die Stadtverwaltung derzeit auf dem völlig falschen Weg: Sie schert alle Gastronomen über einen Kamm, statt sich die wenigen Brennpunkte wie den Hirschbuckel gezielt vorzunehmen.
Im Bezirksbeirat Mitte findet man Lokalitäten mittlerweile ähnlich sexy wie Spielhallen. „Vor Letzteren stehen wenigstens keine 500 Menschen im Freien“, heißt es. Solche Aussagen zeigen, dass etliche Kommunalpolitiker die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben. Die Stadt muss endlich auf ein verändertes Ausgehverhalten reagieren: Mit Hilfe von Mitarbeitern, die ein Gefühl dafür haben, wie Stuttgart mittlerweile tickt. Mit Fingerspitzengefühl gegenüber der Clubkultur dieser Stadt: denn die sorgt nicht nur für Lärm und Scherben, für die man im Dialog ganz schnell Lösungen finden wird. Unter anderem dank der Clubs hat sich Stuttgart nämlich vom Castrop-Rauxel des Südens in eine bunte, spannende Metropole verwandelt.