Es ist das zweite Mal, dass ein Bagger am Hauptbahnhof zum Abriss anrollt. Dank der neuen Politik läuft vieles besser. Ein Kommentar.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Wie sich die Bilder am Stuttgarter Hauptbahnhof doch ähneln. Ein Bagger ist es gewesen, der am Montag das erste Stück Südflügel abgebissen hat, ein Bagger ist es auch gewesen, dessen Wucht vor anderthalb Jahren den Anfang vom Ende des Nordflügels eingeleitet hatte. Eigentlich, so könnte man denken, sind das zwei vergleichbare Vorgänge. Tatsächlich aber sind die beiden Ereignisse völlig unterschiedlich zu bewerten – zum Glück. Damals hatte sich die aufgestaute Wut Tausender Stuttgart-21-Gegner in der Stürmung der Baustelle entladen; der Protest gegen die Bahn und die Entscheidungsträger aus Stadt, Land und Region hatte sich gebildet, weil die Argumente und Ängste der Gegner jahrelang nicht ernst genommen worden waren. Aus Ärger über diese gefühlte Ignoranz der Herrschenden hatte sich eine Bewegung gebildet, die das Land und seine Hauptstadt entscheidend verändert hat, bis hin zur Abwahl einer amtierenden CDU-FDP-Regierung.

 

Seither ist viel passiert. In der Schlichtung haben Gegner und Befürworter miteinander gerungen, in einer Volksabstimmung hat der Souverän über die finanzielle Beteiligung des Landes an Stuttgart 21 entschieden. Ein Ergebnis dieser neuen Politikkultur war am Montag zu besichtigen: Ein Bagger hat in den Südflügel gebissen – und fast alle an der Baustelle sind ruhig geblieben.