Ein Einkommensplus von insgesamt 4,6 Prozent im Westen und 5,3 Prozent im Osten haben Gewerkschaft und Arbeitgeber für das Bauhauptgewerbe ausgehandelt. Ein Achtungserfolg in relativ günstiger Zeit – so werden die Beschäftigten nicht weiter abgehängt, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es hat sich wohl gelohnt für die Gewerkschaft, mutig an den Start gegangen zu sein: Die 5,9-Prozent-Forderung der IG Bau war eine der höchsten in der Tarifrunde 2016. Die kühnsten Träume wurden erwartungsgemäß nicht erfüllt: Die 4,6 Prozent für 22 Monate im Westen (Osten 5,3 Prozent) bleiben hinter den Tarifabschlüssen in der Metallindustrie und im öffentlichen Dienst zurück – zudem hinter der vergangenen Vereinbarung am Bau von 2014. Doch erleichtert die geringe Preissteigerungsrate das Tarifgeschäft derzeit erheblich: So bleibt überall ein erkennbares Reallohnplus hängen, und die 785 000 Beschäftigten können einigermaßen Schritt halten mit den Einkommensentwicklungen der großen Branchen – wenn auch auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Das Baugewerbe hinkt bekanntlich seit Langem bei den Tarifverdiensten hinterher.

 

Ausdruck der stabilen wirtschaftlichen Lage

Das Wiesbadener Verhandlungsergebnis kann trotzdem als Ausdruck des wieder wachsenden Selbstbewusstseins gewertet werden. Infolge der regen privaten und öffentlichen Bautätigkeit – befördert von den Niedrigstzinsen auf dem Kapitalmarkt – zeigt sich die wirtschaftliche Lage des Bauhauptgewerbes stabilisiert. Dies ist auch erkennbar an der Zahl der Insolvenzen, die von 2001 bis 2015 um etwa 70 Prozent auf 1600 pro Jahr gedrückt wurde – der Jahrzehnte anhaltende Leistungsschwund wurde aufgehalten. Die alten Glanzzeiten werden nicht mehr zurückkommen, doch in einer derart gebeutelten Branche zählt jede gute Nachricht.

Und wie so oft kommt es für die Beschäftigten auch auf das Kleingedruckte an: Wenn die Baustelle weit vom Firmensitz entfernt liegt, bezahlt der Arbeitgeber künftig die Übernachtung – zudem noch eine Verpflegungspauschale von 24 Euro pro Arbeitstag. Auch solche Beträge zählen für die Männer vom Bau. Dabei ist diese Verabredung im Tarifabschluss kaum mehr als eine Selbstverständlichkeit. Der große Andrang ausländischer Kräfte darf nicht länger dazu führen, dass Mitarbeiter ausgenutzt werden.