Die Sparzwänge in der Automobilindustrie treffen auch die Zulieferer. Doch diese müssen die mit VW geschlossenen Verträge trotzdem einhalten, meint Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Die Hiobsbotschaften bei VW reißen nicht ab. Als wären die Belastungen durch die Aufarbeitung des Abgasskandals nicht schon hart genug, steckt der Wolfsburger Konzern nun auch noch mitten in einem Rechtsstreit mit zwei Zulieferern, die ihren Verpflichtungen einfach nicht mehr nachkommen. VW schwingt eine große juristische Keule – und hat gerichtliche Rückendeckung erhalten. Es ist indes kaum vorstellbar, dass die Wolfsburger eine Flotte von Lastwagen, begleitet von Gerichtsvollziehern, zu den widerspenstigen Unternehmen schickt, um diese zu zwingen, die Zulieferteile herauszurücken. So kann die Automobilproduktion nicht funktionieren. Deshalb werden sich beide Seiten zusammenraufen müssen.

 

Streit zeigt Verletzlichkeit der Autoriesen

Die Auseinandersetzung zeigt, wie verletzlich die Autoriesen durch die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eingeführten effizienteren neuen Arbeitsweisen geworden sind. Um Kosten zu senken, wurde die Lagerhaltung abgebaut; die Teile kommen erst genau dann ans Fließband, wenn diese für die Fertigung eines Fahrzeugs benötigt werden. Damit gibt es aber auch keine Puffer mehr, mit denen fehlende Zulieferungen zumindest eine Zeit lang ausgeglichen werden können. Ein Engpass schlägt unmittelbar auf die Produktion durch. Zudem können Engpässe enorme Auswirkungen haben, weil – ebenfalls aus Gründen der Kostensenkung – die gleichen Bauteile in mehreren Modellen mehrerer Marken im Konzern eingebaut werden.

Keine Rechtfertigung für brachiale Vorgehensweise

Damit kann ein David einen Goliath ins Stolpern bringen. Es ist jedoch bisher kein Fall bekannt, in dem ein Zulieferer dies ohne Rücksicht auf Verluste ausgenutzt hätte. Und dies aus gutem Grund. Denn damit hätte er sich die Chance auf künftige Aufträge für immer verbaut. Und es gibt auch keine Rechtfertigung für solch eine brachiale Vorgehensweise. Gewiss bringen die Sparzwänge von VW auch die Zulieferer unter Druck, weil sie einen Teil zur Kostensenkung beitragen sollen. Doch bestehende Lieferverpflichtungen müssen eingehalten werden. Die widerspenstigen Zulieferer sind auf dem Holzweg. Sie sollten ihre Blockade so bald wie möglich aufgeben.