Die Zinsen sind niedrig, der private Konsum in Deutschland ist hoch. Die Anreize für Ausgaben auf Pump steigen. Doch eine hohe Sparquote bringt nicht nur Sicherheit für den Anleger, sondern stärkt die Volkswirtschaft, meint die StZ-Redakteurin Barbara Schäder.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt – Wer hierzulande über das Thema Sparen schreibt, der trägt eigentlich Eulen nach Athen. Nicht umsonst hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ja die schwäbische Hausfrau zum Vorbild für ganz Europa erkoren. Sparen ist Vorsorge – für schlechte Zeiten, fürs Alter, für die Ausbildung der Kinder.

 

Trotzdem fragt sich nicht erst vor dem Weltspartag am Dienstag so mancher, ob sich Sparsamkeit überhaupt noch lohnt. Die Zinsen aufs klassische Sparbuch werden von der Inflation aufgefressen. Lebens- und Rentenversicherer haben ihren Garantiezins auf 1,75 Prozent gesenkt. Da ist es kein Wunder, dass die Sparquote in Deutschland sinkt: Parallel zum Leitzins ging sie von 2008 bis 2011 von 11,5 auf 10,4 Prozent zurück. Gleichzeitig stiegen die privaten Konsumausgaben allein im vergangenen Jahr um satte 3,8 Prozent.

Für die Wirtschaft ist das zunächst einmal eine gute Nachricht. Denn die neu erwachte Kauflaune der traditionell als Konsummuffel verschrienen Bundesbürger gleicht die Absatzprobleme der Unternehmen im europäischen Ausland ein Stück weit aus. Der Privatkonsum ist – neben den steigenden Exporten in Schwellenländer – der Hauptgrund dafür, dass Deutschland die Eurokrise bisher ohne größere Blessuren überstanden hat.

Keine Anzeichen für eine Immobilienblase

Bedenklich stimmt allerdings, dass die Anreize für Ausgaben auf Pump steigen. Kredite sind günstig wie nie. Die niedrigen Zinsen befeuern gleich in mehrfacher Hinsicht den Immobilienboom in deutschen Großstädten: Die Finanzierung von Wohneigentum ist günstig, gleichzeitig versprechen Investitionen in Betongold Sicherheit – und bei steigenden Hauspreisen sogar die Chance auf eine ordentliche Rendite. Die Versuchung, sich für den Haus- oder Wohnungskauf noch höher zu verschulden als zu normalen Zeiten, ist also da.

Noch sehen die meisten Experten keine Anzeichen für eine Blase. Aber bei Preissteigerungen von 21 Prozent in München und acht Prozent in Stuttgart kann einem schon mulmig werden, wenn man an den Ursprung der aktuellen Krise denkt: die Überschuldung zahlreicher Hauskäufer in den Vereinigten Staaten. Dort lag die Sparquote auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms 2005 bei nur noch 1,5 Prozent. In einigen EU-Staaten – darunter neben Griechenland auch Großbritannien – war sie zeitweise sogar negativ. Die Ausgaben der privaten Haushalte in diesen Ländern waren im Schnitt also höher als die verfügbaren Einkommen.

Eine hohe Sparquote ist ein Stabilitätsfaktor

Das ging nur deshalb jahrelang gut, weil ausländisches Kapital in diese Staaten strömte und die Wirtschaft am Laufen hielt. Das Vereinigte Königreich profitiert davon noch heute – die Griechen oder auch die Spanier aber mussten erleben, wie schnell ausländische Investoren in einer Krise die Flucht ergreifen. Zwar haben auch reiche Griechen ihr Kapital außer Landes geschafft – aber für Normalverdiener gilt in der Regel eben doch, dass sie einen Großteil ihres Geldes dort parken, wo sie problemlos darauf zugreifen können. Deshalb ist eine hohe Sparquote für Volkswirtschaften ein Stabilitätsfaktor.

Nun fragen sich die meisten Menschen verständlicherweise weniger, was sie für ihr Land, sondern vielmehr was sie für den Schutz ihres sauer Ersparten tun können. Laut einer Umfrage des Sparkassenverbands erfreuen sich Sparbücher und Kontoeinlagen trotz niedriger Zinsen immer noch größter Beliebtheit, während die Mehrheit der Bevölkerung etwa Aktien weiter misstrauisch beäugt. Dass Sicherheit in diesen unruhigen Zeiten Priorität hat, ist gut nachvollziehbar. Aber wenn die Inflation höher ist als die Sparzinsen, dann wird auch Vermögen vernichtet. Wer das vermeiden will, sollte zumindest einen Teil seines Geldes in Sachwerte stecken. Und da sehen viele Aktien derzeit günstiger aus als Immobilien an Topstandorten.