Jetzt ist es vollbracht. Deutschland ist Weltmeister, zum vierten Mal nach 1954, 1974 und 1990. Der lange Weg von Löws Team führt zu einem grandiosen Triumph. Ein Kommentar von StZ-Redakteur Marko Schumacher.

Rio de Janeiro - Jetzt ist es also tatsächlich vollbracht. Deutschland ist Weltmeister, zum vierten Mal nach 1954, 1974 und 1990. Das Land hat neue Fußballhelden, sie stehen fortan in einer Reihe mit Helmut Rahn, Gerd Müller und Rudi Völler, mit den Ehrenspielführern Fritz Walter, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus. Philipp Lahm wird der nächste sein, stellvertretend für eine großartige Mannschaft und eine goldene Generation, die nun endlich am Ziel ihrer Träume ist.

 

Es war bis zu diesem dramatischen Abend im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro ein weiter und beschwerlicher Weg. Im Sommer 2004, als Jürgen Klinsmann nach dem desaströsen Vorrunden-Aus bei der Europameisterschaft damit begann, den deutschen Fußball zu revolutionieren, ist diese Mannschaft entstanden. Sie hat sich stetig weiterentwickelt, sie ist immer besser geworden, sie hat zwischen 2006 und 2012 bei fünf Turnieren das Halbfinale erreicht – und stolperte jedes Mal kurz vor der Ziellinie.

Das Unmögliche möglich gemacht

Es hätte auch diesmal gute Gründe gegeben, ein weiteres Scheitern zu erklären: die Verletzungsprobleme der Führungsspieler Sami Khedira (der auch das Finale verpasste) oder Bastian Schweinsteiger, das kurzfristige Aus von Marco Reus, dem besten Offensivspieler, das ungewohnte Klima in Brasilien, in dem südamerikanische Mannschaften normalerweise im Vorteil sind. Nie zuvor ist ein Team aus Europa in Amerika Weltmeister geworden. Lange vor dem Turnier hatte der DFB-Manager Oliver Bierhoff dieses Unterfangen sogar als „Ding der Unmöglichkeit“ bezeichnet.

Jetzt haben die Deutschen das Unmögliche möglich gemacht. Sie haben im Halbfinale den WM-Gastgeber zerlegt, im Endspiel Argentinien besiegt – und damit völlig verdient den Weltmeistertitel gewonnen. Die Mannschaft des Bundestrainers Joachim Löw war die mit Abstand beste Mannschaft des Turniers. Vielleicht ist sie auch die beste, die Deutschland je hatte.

Auf jeden Fall ist dieses Team, das jahrelang vergeblich einem Titel hinterhergerannt war, nun zum bestmöglichen Zeitpunkt auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung und Schaffenskraft gewesen. Ideal war die Struktur der Mannschaft: Es gab an der Spitze den Stamm der Führungskräfte um Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger oder Miroslav Klose, alle mit der Erfahrung von weit mehr als 100 Länderspielen. Es folgte der stabile Mittelbau mit Sami Khedira, Mesut Özil, Manuel Neuer, Jérôme Boateng und Mats Hummels, die 2009 Europameister der U-21-Junioren geworden waren und jetzt im besten Fußballeralter sind. Entscheidend ergänzt wurde das Gebilde durch die Jugend von Toni Kroos und den Drang von Thomas Müller, den beiden großen Stars der WM. Kurzum: diese Mannschaft war diesmal einfach an der Reihe, den Titel zu gewinnen.

Neuer, Kroos, Müller und Löw sind WM-Helden

Der Anteil von Joachim Löw ist nicht hoch genug einzuschätzen. Der Bundestrainer war es, der die goldene Generation in den vergangenen acht Jahren zu ihrer Blüte geführt, der die Spielweise immer weiter perfektioniert, der in Brasilien trotz vieler Zweifel die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Von nichts und niemandem ließ Löw sich von seinem Weg abringen und schaffte es kraft seiner Persönlichkeit, aus lauter Stars eine Mannschaft zu machen. Der deutsche Mannschaftsgeist in Brasilien war vielleicht so gut wie noch nie. Das war mehr als nur ein kleiner Mosaikstein auf dem Weg zu Titel.

Er möge ein Fußballästhet sein, er könne aber keine bedeutenden Spiele gewinnen, das hat Joachim Löw bis zu dieser WM oft über sich lesen müssen. Ein Irrtum, wie sich jetzt gezeigt hat. Löw ist ein großer Fußballtrainer und steht nun in einer Reihe mit Sepp Herberger, Helmut Schön und Franz Beckenbauer. Wie Neuer, Kroos und Müller ist auch er jetzt ein deutscher Fußballheld, vielleicht der größte von allen.