Nach der Bayern-Wahl dürfe es kein „weiter so“ geben, heißt es allenthalben. Doch genau dazu wird es kommen, kommentiert Christian Gottschalk und plädiert für personelle Wechsel.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Es hat schon Politiker gegeben, die bei deutlich milderen Klatschen die Segel gestrichen haben. Horst Seehofer und Markus Söder scheinen nach der mit Pauken und Trompeten verlorenen Bayern-Wahl nicht mit dem Gedanken zu spielen, die CSU in andere Hände zu übergeben. Und auch wenn es allenthalben nun heißt,ein „weiter so“ dürfe es nicht geben – es läuft gleich in dreifacher Hinsicht eben genau darauf hinaus. Für die Demokratie ist das eine bedenkliche Entwicklung.

 

Zum einen bleibt die CSU an der Macht. Dagegen ist nichts einzuwenden, knapp 40 Prozent der Stimmen sind ein deutlicher Wählerauftrag. Und mit den Freien Wählern gibt es einen potenziellen Partner, bei dem nicht nur außerhalb Bayerns der ein oder andere Schwierigkeiten hat, Unterschiede zur Allzeitregierungspartei zu verorten. Neu wird in der – nach jetzigem Stand wahrscheinlichsten – Regierung sein, dass die CSU ein paar Ministerposten weniger besetzen kann. Das mag die Christsozialen schmerzen, ins Gewicht fällt es kaum.

Königsmörder sind nicht in Sicht

Zum zweiten wird Markus Söder wohl Ministerpräsident im Freistaat bleiben. Erstens, weil kein Königsmörder in Sicht ist, zweitens, weil die ihm obliegende Regierungsbildung mit den Freien Wählern kaum auf Hindernisse stoßen wird und drittens, weil Söder in seinem Selbstbild ohnehin nicht viel falsch gemacht hat – abgesehen davon, dass er zu spät auf den Thron des Ministerpräsidenten geklettert ist.

Drittens schließlich ist da Parteichef Seehofer. An einem Rückzug hat der schon deswegen kein Interesse, weil er sonst auch als Bundesminister in Berlin ins Wackeln geriete. Und nach einer Mütze voll Schlaf wird die Erkenntnis bei ihm reifen, dass sich manch ein Landesvorsitzender der Union die Hände schlecken würde nach so einem Ergebnis wie in Bayern. Von knapp 40 Prozent ist die CDU schließlich nahezu überall weit entfernt.

Werbesprüche kaschieren das „weiter so“

Zumindest vorerst werden die CSU und ihre Spitzen also weiterwursteln. Das „weiter so“ wird von verbalen Werbesprüchen kaschiert werden, die Neuerung versprechen, die tatsächlich nicht da ist. Bei all jenen. die durch ihr Kreuz am Sonntag für Veränderung plädiert haben, wird das den fatalen Beigeschmack zurücklassen, dass die kleinen Leute nicht gehört werden und so eine Wahl ohnehin nichts bringt. Das ist verheerend für die Demokratie und Wasser auf die Mühlen derer, die am Rande des demokratischen Spektrums stehen. Schon allein, um es nicht so weit kommen zu lassen, müssen Konsequenzen aus der Wahl sichtbar werden. Da eine Regierung ohne CSU praktisch unmöglich ist, bleibt es dem Ministerpräsidenten und dem Parteichef vorbehalten, ein sichtbares Zeichen zu setzen. Im Sinne der Staatsräson sollte es mindestens einer der beiden auch tun.