Kanzlerin Angela Merkel ist über ihren Schatten gesprungen und unterstützt den SPD-Mann Frank-Walter Steinmeier, der das Zeug hat, ein angesehener Bundespräsident zu werden.

Berlin - An der Basis von CDU und CSU wird diese Entscheidung noch für eine Menge Unmut sorgen. Zu offensichtlich ist es geworden, dass die Union über niemanden verfügt, der den SPD-Favoriten Frank-Walter Steinmeier bei der Wahl des nächsten Bundespräsidenten am 12. Februar 2017 hätte schlagen können. In der Bevölkerung dagegen muss das Nachgeben der Kanzlerin nicht unbedingt schlecht ankommen. Wer nicht um jeden Preis versucht, einen respektablen Kandidaten zu verhindern, nur weil er ein anderes Parteibuch hat, darf – in diesen Zeiten zumal – durchaus mit einer gewissen Zustimmung rechnen.

 

Steinmeier ist eine gute Wahl. Erfahren sowohl im internen Berliner Politikbetrieb wie auch in der Welt, die er seit vielen Jahren als Außenminister bereist. In einer Lage, die nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten noch unberechenbarer geworden ist, kann jemand mit großer außenpolitischer Übersicht von Schloss Bellevue aus zur Beruhigung der Gemüter beitragen oder Debatten über Deutschlands und Europas künftige Rolle in der Welt anstoßen.

Dass sich Steinmeier auch als Berliner Chefdiplomat in der Vergangenheit nicht immer hundertprozentig diplomatisch korrekt verhalten hat – Trump nannte er einen „Hassprediger“, eine weitere Nato-Aufrüstung in Osteuropa „Säbelrasseln“ –, muss gerade im Amt des Bundespräsidenten kein Nachteil sein. Es lebt davon, manches direkter benennen zu können als in Regierungsverantwortung. Ein ganz großer Redner freilich war der 60-Jährige freilich nie – auf diesem Feld wird er im Vergleich zum Amtsinhaber Joachim Gauck schwer haben.

Schwer muss die Entscheidung auch für die Unionsparteien sein, SPD-Chef Sigmar Gabriel diesen Coup zu gönnen, der sich nun theoretisch auch den EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz als neuen Außenminister ins Kabinett holen kann als möglichen nächsten Herausforderer Merkels bei der Bundestagswahl. Eine echte Alternative zu Steinmeier aber hatte die Union nach der internen Absage von Bundestagspräsident Norbert Lammert nicht mehr zu bieten. Sie hätte es darauf ankommen lassen können, mit jemand anderem gegen Steinmeier zu verlieren – oder auf einen Grünen zu setzen.

Das jedoch war mit CSU und auch Teilen der CDU überhaupt nicht zu machen. Sich diese quasi ausweglose taktische Lage einzugestehen und einen politischen Konkurrenten zu unterstützen, zeugt aber eben nicht nur von eigener Schwäche – sondern auch von eigener Stärke, weil ein guter Kandidat nicht aus Prinzip blockiert worden ist.