Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Wahl 2013 grandios gewonnen. Doch sie wird nicht viel Zeit haben, den Erfolg zu genießen, vermutet der Berliner Büroleiter der StZ, Armin Käfer. Die Probleme beginnen nun erst.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Grandioser geht es kaum. Die einzig wahre Wahlsiegerin ist die Kanzlerin. Deutschland mutiert zum Merkel-Land. Nicht in ihren kühnsten Träumen wird die CDU-Chefin sich vorab als eine Art Angela Seehofer gesehen haben. Und jetzt hat sie nur um Haaresbreite eine absolute Mehrheit verpasst. Dieser Wahlabend war der schönste Moment in Merkels politischer Karriere. Schöner wird’s wohl nicht. Eher im Gegenteil.

 

Der glanzvolle Sieg hat seine Schattenseiten. Am Tag nach der rauschenden Wahlnacht ist Merkel als Königin ohne Land aufgewacht. Sie muss sich erst einen Koalitionspartner suchen, um regieren zu können. Das kann man für ein Luxusproblem halten. Aber die potenziellen Partner zieren sich. Und sie haben programmatisch nichts zu bieten, was für die Union verlockend sein könnte.

Merkels Triumph – den sie selbst nie so nennen würde – birgt Risiken. Natürlich hätte es schlimmer kommen können. Das Ergebnis vom Sonntag ist das schlechtere von zwei nur vermeintlich blendenden Szenarien. Noch größere Probleme stünden der Kanzlerin ins Haus, wenn sie die absolute Mehrheit im Bundestag tatsächlich erreicht hätte.

Aus der Stärke erwachsen Ansprüche

Zu den Schwierigkeiten, mit denen sie nun zu kämpfen hat, zählt die eigene Stärke – selbst wenn das paradox klingen mag. Denn aus dieser Stärke erwachsen Ansprüche. Und diese Ansprüche werden die Verhandlungen über eine Koalition, ein Regierungsprogramm und ein neues Kabinett erschweren. Zuallererst wäre da Horst Seehofer zu nennen. Er hat ja schon angekündigt, dass er gedenke, das größere Gewicht der CSU in Berlin machtvoller einzubringen. Für Merkel kann das nichts Gutes bedeuten.

In der eigenen Partei werden ähnliche Ambitionen spürbar. Die baden-württembergische CDU sieht sich auf Augenhöhe mit der CSU. Dafür spricht das Wahlergebnis im Südwesten. Im politischen Geschäft ist die Erwartung verbreitet, dass ein Zuwachs an Bedeutung sich in Einfluss und Posten auszahlen muss. Das werden auch die Unionisten aus Nordrhein-Westfalen für sich reklamieren. Wegen der Größe des Landes haben sie die meisten Stimmen zu Merkels Erfolg beigetragen. Mit der Wahl werden sich die Gewichte in der Union neu verteilen. Das geht nicht ohne Reibung ab.

Doch dies sind nicht Merkels vordringlichste Sorgen. Die schwierigste Frage ist, mit wem sie überhaupt regieren kann. Sowohl die SPD als auch die Grünen haben im Wahlkampf für eine Politik geworben, die den Zielen der Union zuwider läuft. Koalitionen erfordern ihren Preis. Im Falle der SPD könnte es sich bei diesem Preis um Steuererhöhungen handeln, im Falle der Grünen um unliebsame Vorgaben für die Energiewende. So oder so ginge das zu Lasten Merkels. Es würde ihre Glaubwürdigkeit unterhöhlen – und damit den Sockel ihres Monuments als Star dieser Wahl.

Die SPD will nicht noch einmal klein regiert werden

Ein Bündnis mit den Grünen ist eher unwahrscheinlich. Somit bleibt der Union eigentlich nur eine ernsthafte Machtoption. Umso teurer werden sich die Sozialdemokraten den Eintritt in eine neuerliche Große Koalition abhandeln lassen. Die guten Erinnerungen an die letzte Regierung solchen Typs dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass eine Neuauflage unter erheblichen Spannungen stünde. Die SPD weiß eben schon aus Erfahrung, dass Wohlverhalten sich nicht auszahlt. Sie wird nicht noch einmal riskieren wollen, von Angela Merkel klein regiert zu werden.

Von der euro-rebellischen Alternative für Deutschland bleibt Merkel erst einmal verschont. Das gilt aber nur für den Bundestag. Diese Bewegung wird sich nicht in Luft auflösen, nur weil sie den Einzug ins Parlament verpasst hat. Im Gegenteil. Erstmals gibt es nun eine bürgerliche Partei rechts der Union, ein Sammelbecken für Unzufriedene. Merkel wird nur kurze Zeit vergönnt sein, ihren Erfolg zu genießen.