Die Affäre um den Fraktionsvorsitzenden der CSU im bayrischen Landtag ist ein Rückfall in alte Muster der Partei. Sie wirft auch einen Schatten auf Ministerpräsident Horst Seehofer, meint der Münchner StZ-Korrespondent Mirko Weber.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Aus gegebenem Anlass vielleicht kurz ein paar Verweise, um deutlich zu machen, was normalerweise unter Fraktionsvorsitz verstanden wird. National gesehen denkt man da an Namen wie Herbert Wehner, Wolfgang Schäuble, Peter Struck und Gregor Gysi: Männer mithin, in deren politischem Repertoire vom organisierten Kanzlersturz über die umsichtige Betonierung unsicherer Machtverhältnisse bis hin zur Selbstdarstellung im allgemeinen Parteiinteresse alles vorhanden war. Aber auch in Bayern hat es auf diesem Gebiet bis vor Jahren noch eine relativ herausragende Figur gegeben: Alois Glück, der 15 Jahre lang der CSU-Fraktion vorstand, konnte die nötige Disziplin im Landtag auch deswegen stets einfordern, weil er selber auf gesicherter Grundlage arbeitete: er hatte Menschenverstand, seinen Glauben und vor allem einen gesunden Widerspruchsgeist, der ihn jedenfalls nicht einknicken ließ, wenn der Ministerpräsident Edmund Stoiber das so wollte.

 

Jetzt ist im Freistaat in dem CSU-Fraktionschef Georg Schmid jedoch ein Mann zurückgetreten, der im Wesentlichen keine tieferen Überzeugungen hatte, außer dass er der Meinung war, es möge ihm und den Seinen soweit ganz gut gehen. Bis zu einem gewissen Punkt ist Schmid die Etablierung dieses Ziels gelungen. Auseinandersetzungen mit dem Ministerpräsidenten hielten sich schon deshalb in Grenzen, weil Horst Seehofer meist allein über deren Verlauf bestimmte.

Schmids befremdliche Wahrnehmung

Schmid bemühte sich, genehm zu sein, und hatte sich’s überdies bürotechnisch angenehm eingerichtet: indirekt kam der Steuerzahler für die Arbeit seiner Frau auf, die Schmids Parteigeschäfte in Donauwörth organisierte. Noch im Rücktrittsschreiben offenbarte Schmid eine befremdliche Wahrnehmung. Hatte er nicht nur clever eine kleine Gesetzeslücke genutzt und war somit ein Jedermann?

Nun hat mit voller Zustimmung der Fraktion Christa Stewens Schmids Job übernommen, was bemerkenswert ist. Als nämlich Horst Seehofer 2009 antrat, wurde die anerkannte Sozialministerin Stewens als fürs Kabinett zu alt befunden. Nun aber taugt sie wieder, wenn auch lediglich als Lückenfüllerin. Viel anderes als kleinere Reparaturarbeiten am Image der Fraktion wird Christa Stewens nicht vornehmen können bis zur Landtagswahl Mitte September. Danach scheidet sie, wie seit Längerem angekündigt, als Abgeordnete aus. Auch aus diesem Grund wagte sie in letzter Zeit öfter ein Widerwort gegen Seehofer’sche Pläne. Das eindeutige Votum für Stewens belegt wieder einmal, dass die Mehrzahl der CSU-Abgeordneten gerne öfter inhaltlich diskutieren würde, befürchtete man nicht zugleich, man säge sich den Ast ab, auf dem man wieder zu sitzen hofft: die CSU will bekanntermaßen die absolute Mehrheit in Bayern zurück.

SPD kann die Chance nicht nutzen

Auch unter Seehofer, der sich von Anfang an teils sehr deutlich von alten Amigo-Mustern in der CSU distanziert hatte, wurde deswegen an Fehlern nur zugegeben, was öffentlich nicht mehr verheimlicht werden konnte. Nach einer Zeit der Konsolidierung mehren sich nun auf die Landtagswahlen zu wieder die Maluspunkte der CSU, und am schwersten wiegen unklare Haltungen: sei es zum Fall des mutmaßlichen Justizopfers Gustl Mollath, zu Uli Hoeneß oder eben zur Selbstbedienungsmentalität nicht weniger bayerischer Parlamentarier. Dass umgedreht die Sozialdemokraten solche Blößen dann doch nicht zur Eigenprofilierung nutzen können, liegt am Kandidaten: Christian Ude hat sich zu lange als Autonomer inszeniert, dem weitgehend wurst war, wie man SPD schreibt.

Nicht von ungefähr rät der bayerische Landeschef der Grünen, Dieter Janecek, seiner Partei vor dem Wochenendkonvent in Berlin, in Bayern und im Bund mehr auf sich selbst zu achten. So etwas freilich freut, bei allem Ungemach im eigenen Haus derzeit, dann doch wieder die CSU.