Die Deutsche Bank steht mit ihrem Kulturwandel noch am Anfang. Auch nach dem Vergleich mit den Kirch-Erben bleiben viele Streitfälle, analysiert Klaus Dieter Oehler.

Frankfurt - Es war eine schmutzige und langwierige Auseinandersetzung. Zwölf Jahre lang bekämpften der ehemalige Medienunternehmer Leo Kirch und seine Erben die Deutsche Bank. Deren damaliger Vorstandssprecher Rolf Breuer hatte in einem Fernsehinterview 2002 die Kreditwürdigkeit des Medienkonzerns angezweifelt, einige Monate später war Kirch tatsächlich pleite und die Schlacht begann. Geradezu vernichtend waren die Aussagen im Urteil des Münchner Oberlandesgerichts aus dem Dezember 2012, in dem die Deutsche Bank zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt wurde.

 

Lügen, Falschaussagen und Absprachen von Unwahrheiten werden da den Deutsche-Bank-Vorständen vorgeworfen. Auch die Kirch-Seite soll alle möglichen Tricks angewandt haben, um den Rechtsstreit in ihrem Sinne zu beeinflussen. Das alles rüttelt seit Jahren am Image der größten deutschen Bank. Daher ist es gut, dass nun zumindest im Zivilprozess ein Schlussstrich gezogen wurde. Gut 900 Millionen sind eine heftige Strafe für ein Fernsehinterview. Angesichts der noch anstehenden Rechtsprobleme, der sich die Deutsche Bank ausgesetzt sieht, ist nun wenigstens eine Dauerbaustelle beigelegt. Ob die aktiven Bankmanager im Strafprozess des Kirch-Streits noch Federn lassen müssen, wird man ebenso abwarten müssen wie den Ausgang einer möglichen Forderung gegen den ehemaligen Chef Breuer.

Der seit knapp zwei Jahren amtierende Aufsichtsratschef Paul Achleitner hat die Reißleine gezogen. Zwar gab es durchaus einige Anzeichen, dass die Deutsche Bank mit ihrer Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof gegen das Münchner Urteil Erfolg haben könnte, aber auf vage Aussichten wollte sich Achleitner nicht verlassen – und das war richtig. Die Bank musste unter den Rechtsstreit endlich einen Schlussstrich ziehen, um den von Achleitner und dem Vorstandsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen eingeleiteten Kulturwandel der Bank nicht weiter unnötig zu erschweren. Trotz des wichtigen Schritts ist die Bank ja noch lange nicht aus dem Schneider. Nicht nur der Kirch-Strafprozess, sondern auch die Ermittlungen wegen möglicher Manipulationen im Investmentbanking, dem ehemaligen Verantwortungsbereich Jains, oder die Vorwürfe gegen Fitschen wegen eines möglichen Steuerbetrugs setzen die Bankspitze weiter unter Druck. Es gibt Spekulationen, dass sich die Bank nach einem Nachfolger für Jain umschauen werde, falls dem Inder ein Fehlverhalten nachgewiesen werden sollte.

Doch selbst wenn Jain und Fitschen unbeschadet aus all diesen Fällen hervorgehen sollten, bleibt noch eine Menge Arbeit, um die Altlasten und ihre Folgen zu beseitigen. Die Bank wolle in diesem Jahr weiter Fortschritte erzielen, schreibt das Führungsduo in seiner Erklärung zum Kirch-Vergleich. Das ist auch bitter nötig, denn die Schatten der Vergangenheit verhindern derzeit einen glaubwürdigen Neustart.