Nach den Doping-Enthüllungen bleibt der russische Verband gesperrt, doch für die Leichtathleten gibt es eine Hintertür, schreibt Jürgen Klingovsky.

Wien - Nach den jüngsten skandalösen Berichten aus dem Riesenreich blieb dem Leichtathletik-Weltverband IAAF keine andere Wahl, als die russischen Läufer, Werfer und Springer von den Olympischen Spielen auszuschließen. Wer seinen Aufenthaltsort nicht nennt, sich in militärischen Anlagen vor Dopingfahndern versteckt oder Kontrolleure zu bestechen versucht, der hat in Rio nichts verloren. All diese Machenschaften deckte der neueste Bericht der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) auf – nachdem die russischen Funktionäre versprochen hatten, den Anti-Doping-Kampf zu reformieren. Was nur zeigt: Ein System des Betrugs ist nicht von heute auf morgen umzustellen, selbst wenn eine empfindliche Strafe droht.

 

Klares Zeichen gegen Doping

Die IAAF hatte die Chance, ein klares Zeichen gegen Doping zu setzen. Dazu hätte sie nicht nur den Bann für den russischen Verband verlängern müssen, sondern tatsächlich alle russischen Leichtathleten für Rio sperren. Klar, davon wäre auch der eine oder andere Unschuldige betroffen gewesen. Aber nur diese Entscheidung hätte sauberen Sportlern Hoffnung auf bessere Zeiten gemacht. Und nur diese Entscheidung wäre eine ernst zu nehmende Warnung an alle Betrüger in der dopingverseuchten Leichtathletik gewesen. Stattdessen geht die IAAF einen faulen Kompromiss ein: Sie öffnet russischen Sportlern, die vermeintlich nichts mit Doping zu tun haben, eine Hintertür – um so einer Klagewelle aus dem Weg zu gehen.

Allerdings gibt es nur eine Möglichkeit, saubere Athleten zu ermitteln – anhand negativer Dopingproben aus der Vergangenheit. Denn jetzt noch schnell zu testen, wäre wirkungslos, das Tuning für Rio ist längst abgeschlossen. Das Problem mit den Kontrollen: Ihre Aussagekraft ist begrenzt. Doping-Profi Lance Armstrong brüstete sich stets damit, mehr als 500 mal kontrolliert worden zu sein. Positiv war er nie.