Der gute Kern der neuen Datenschutzverordnung steht im Schatten groben Unfugs, meint unser Kommentator Michael Setzer.

Stuttgart - Jahrelang schickte Svetlana unaufgefordert E-Mails, man möge bitte umgehend ihre Bilder im Internet angucken, späteres Kennenlernen nicht ausgeschlossen. Zwinkersmiley. Ein Prinz aus Nigeria versuchte, per E-Mail eine stattliche Erbschaft zu investieren und Bill Gates forderte auf, dass man Mails weiterleite und zum Dank dafür an einer Verlosung teilnehme. Bislang beschränkte sich Datenschutz für normale Internet-Nutzer darauf, wie Svetlana, der Prinz oder Bill Gates an ihre Adressen gekommen waren.

 

Mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist das größere Bild bei den Bürgern angekommen: Fast jede Firma sammelt Daten, fast jede Website und auch fast jede App. Sich dessen bewusst zu werden und verantwortungsvoll damit umzugehen, sind das Verdienst und die beste Randerscheinung der DSGVO. Doch noch steht das leider im Schatten groben Unfugs, wie dem Gegenüber eine Datenschutzerklärung auszudrucken, bevor man dessen Nummer speichert oder man einen Termin beim Friseur macht. Das passende Maß für die Idee „Je datenhungriger, desto größer die Pflichten“ wird Gerichte wohl noch eine Weile begleiten.

Nötig war die DSGVO dennoch. Nicht nur für die, die plötzlich Werbung für Schufa, Partnerbörsen und Scheidungsanwälte zugespielt bekamen, obwohl sie nur beim Immobilienportal nach einer kleinen Wohnung gesucht hatten. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Doch die DSGVO stellt sicher, dass Anbieter nun erklären müssen, welche Daten sie sammeln, an wen diese weitergeben werden und sie stellt sicher, dass Nutzer dem widersprechen oder diese Daten wieder löschen lassen können. Theoretisch. Auch wenn sie dabei mitunter an die große und bequeme Lüge der digitalisierten Gesellschaft anknüpft: „Ja, ich habe die AGB gelesen und stimme zu“

michael.setzer@stzn.de