Im baden-württembergischen Landtag herrscht über das Ergebnis des Rückkaufs der EnBW-Aktien eine große Einigkeit. Das ist verwunderlich, kommentiert StZ-Redakteur Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Eine Genugtuung immerhin bleibt den Verteidigern – politischen wie juristischen – von Stefan Mappus. Möge sein Vorgehen beim EnBW-Deal höchst fragwürdig und der Preis für die Aktien umstritten sein – in einem, frohlockten sie, seien sich doch alle politischen Kräfte einig: Es sei gut, dass die EnBW wieder dem Land gehöre. Tatsächlich haben das sämtliche Fraktionen zum Abschluss des EnBW-Untersuchungsausschusses so bekräftigt, teils durch Zustimmung, teils durch Enthaltung. Einzelne kritische Stimmen drangen nicht durch.

 

Aber war der Rückkauf wirklich gut für das Land, seine Bürger und das Unternehmen selbst? Bei näherem Hinsehen kann man sich über die fraktionsübergreifende Einigkeit nur wundern. Sie zeugt von einem Verständnis von Staat und Wirtschaft, wie es vor allem der SPD zu eigen ist, ansonsten aber eine kontroverse Diskussion verdient hätte; doch selbst die FDP fiel – heute übrigens wie damals – als ordnungspolitisches Korrektiv aus.

Der Staat kann nicht besser wirtschaften als Unternehmen

Tatschlich gibt es keine überzeugenden Gründe, warum die Aktien beim Land besser als anderswo aufgehoben sein sollten. Für die Versorgungssicherheit spielt es keine Rolle, wem die EnBW gehört; sie zu garantieren ist Aufgabe der Bundesnetzagentur. Angesichts der Ausbreitung der erneuerbaren Energien verlieren die großen Konzerne ohnehin rapide an Bedeutung.

Auch das beliebte Argument, das Land könne dank der EnBW-Beteiligung die Energiewende aktiv gestalten, geht fehl. Aufgabe der Politik ist es, den regulatorischen Rahmen für den Umbau der Energieversorgung zu setzen; das tut sie, wenn auch nicht durchweg überzeugend. Ausfüllen müssen diesen Rahmen andere, vorweg die Unternehmen. Der Staat kann im Zweifel eben nicht besser wirtschaften als sie, wie sich schon oft genug erwiesen hat.

Aktuelle Meldungen zeigen, wie ernst es um die EnBW steht

Auch für die EnBW selbst, ihre Beschäftigten und ihre Kunden ist der Staat als Großaktionär nur vordergründig von Vorteil. Unpopuläre, aber notwendige Maßnahmen – zum Beispiel Preiserhöhungen oder Personalabbau – mögen aus Rücksicht auf die Politik verzögert werden, wirtschaftliche Zwänge aber kann auch die Regierung nicht aushebeln. Andererseits fehlt im Aufsichtsrat der wirtschaftliche Sachverstand eines industriellen Partners: Anstelle der Experten aus Paris mit ihrem internationalen Erfahrungsschatz sitzen dort nun Politiker, die schon durch das Regierungsgeschäft stark gefordert sind.

Die angeblichen Vorteile relativieren sich noch mehr, wenn man sie gegen den Preis des Rückkaufes aufwiegt: Schulden in Milliardenhöhe, steigende Zinslasten und unabsehbare finanzielle Risiken. Die jüngsten Krisenmeldungen aus Karlsruhe sollten auch den letzten Abgeordneten die Augen geöffnet haben, wie ernst es um die EnBW steht. Der Rückkauf war gut fürs Land? Wohl kaum. Richtig ist freilich eine andere parteiübergreifende Einsicht: Nun, da man „dank“ Mappus’ Deal die Verantwortung für das Unternehmen hat, gilt es, das Beste daraus zu machen.