Der Dschungel an Ausnahmen von der Umlage nach dem EEG ist undurchdringbar, die Regeln sind ungerecht, meint die StZ-Redakteurin Eva Drews. Dennoch lenkt diese Diskussion von wichtigeren Fragen ab.

Stuttgart - Deutschland hat sich viel vorgenommen: Mit seiner Energiewende will es weltweit zum Paradebeispiel dafür werden, dass sich eine zentral organisierte, umweltbelastende, konventionelle Energieversorgung in ein umweltverträgliches, zukunftsfähiges System umbauen lässt. Die Bundesregierung gehorcht damit der Not – schließlich lassen der von der Mehrheit der Bevölkerung gewünschte Ausstieg aus der Atomenergie, der Klimawandel und die Preisentwicklung fossiler Brennstoffe keine andere Wahl, als auf erneuerbare Energien zu setzen. Die Politik weiß aber auch um die Chancen, die eine vorbildliche Energierevolution deutschen Unternehmen im Ausland bietet. Die Frage ist nur: Wer bezahlt diesen Wandel?

 

Derzeit konzentriert sich diese Frage auf die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Mit ihr werden die Mehrkosten für Strom aus Wind, Sonne und anderen regenerativen Quellen auf alle Verbraucher umgelegt. Auf alle? Eben nicht. Einige Hundert Großverbraucher vor allem aus der Chemie-, Papier- und Rohstoffindustrie sind großenteils außen vor, wenn es um die Finanzierung des Grünstroms geht. Gemeinsam nehmen diese stromintensiven Unternehmen fast ein Fünftel des Stroms in Deutschland ab – tragen aber nur 0,3 Prozent der 14 Milliarden Euro, die in diesem Jahr als EEG-Umlage anfallen.

Erneuerbare vorsichtig in den Markt entlassen

Für alle anderen Verbraucher – vom Haushaltskunden bis zum Konzern, der die Voraussetzungen für eine Umlagenbegrenzung nicht erfüllt – verteuert das die Umlage um etwa 20 Prozent. Ein Durchschnittshaushalt muss mit rund 20 Euro im Jahr den Erhalt stromintensiver Unternehmen in Deutschland subventionieren. In der Tat kann man fragen, ob diese im Interesse der Gemeinschaft liegende Aufgabe nicht über Steuern finanziert werden müsste. Mit diesem Argument versuchen jedenfalls gerade drei Textilunternehmen, die Umlage gerichtlich zu Fall zu bringen.

Doch selbst wenn das gelänge, blieben die  Kosten zunächst bestehen: Das Gesetz sichert Ökostromerzeugern ihre Einkünfte über zwanzig Jahre. Selbst wenn man also die garantierte Vergütung abschaffte, würde man die Kosten nur sehr allmählich senken. Ganz abgesehen davon, dass man mit solch einer Kurzschlussreaktion einreißen würde, was über Jahre mühsam aufgebaut wurde. Vielmehr müssen die Erneuerbaren vorsichtig in den freien Markt entlassen werden. Dieser Prozess ist mit der regelmäßigen Anpassung der Vergütung und der neu eingeführten Möglichkeit, grünen Strom direkt am Markt zu verkaufen, im Gang.

Undurchdringlicher Dschungel von Ausnahmen

Außer Frage steht, dass es wichtig ist, Arbeitsplätze und Infrastruktur stromintensiver Unternehmen im Land zu halten. Doch die Entlastung geht zu weit – zumal viele der Nutznießer auch von anderen Abgaben wie der Stromsteuer oder den Netzentgelten befreit sind. Zudem senkt der höhere Anteil erneuerbarer Energien am Strommix die Börsenpreise – wovon wiederum die Großverbraucher profitieren, da sie selbst an der Börse einkaufen. Zugleich steigt dadurch paradoxerweise für alle anderen erneut die EEG-Umlage, die ja auf der Differenz zwischen gesetzlicher Vergütung und Börsenpreis basiert. All das führt zu einem undurchdringlichen Dschungel von Ausnahmen, in dem die tatsächliche Belastung stromintensiver Unternehmen nicht mehr zu erkennen, das Geschrei ihrer Lobbyisten aber umso besser zu hören ist.

Und genau das ist auch die Gefahr der aktuellen Debatte: sie droht das eigentliche Thema, wie nämlich der Umbau der deutschen Energieversorgung umzusetzen ist, in den Hintergrund zu rücken. Das aber wäre fatal, denn viele große und komplexe Fragen sind noch offen, wie etwa die aktuelle Debatte über den Netzanschluss von Windparks auf dem offenen Meer zeigt. Nur wenn sie geklärt sind, lässt sich die Jahrhundertaufgabe Energiewende zu vertretbaren Kosten realisieren.