Firmenerben, die ihre Unternehmen weiter führen, werden bei der Erbschaftsteuer bevorzugt – zu Recht, meint StZ-Wirtschaftskorrespondent Roland Pichler. Trotzdem sollte die Politik den Missbrauch der Ausnahmeregeln verhindern.

Berlin - Der Aufschrei der Lobbyisten ist groß. Die Wirtschaftsverbände warnen davor, dass Familienunternehmen der Ausverkauf drohe, falls das Verfassungsgericht die geltenden Erbschaftsteuerregeln für Firmenerben kippen sollte. Wieder einmal überziehen die Interessenvertreter. Das Gericht wird sich von solchen Drohgebärden nicht beeindrucken lassen. Auch der Politik ist ein kühler Kopf zu empfehlen. Die Aufgeregtheit ist damit zu erklären, dass es um viel Geld geht. Weil deutsche Familienunternehmen weltweit so erfolgreich sind, steckt ein erklecklicher Teil des gesamten Vermögens in Betrieben. Das Verfassungsgericht hat schon bei früheren Entscheidungen zur Erbschaftsteuer deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber Betriebsvermögen verschonen darf, sofern dies dem Gemeinwohl dient.

 

Vieles spricht dafür, dass Karlsruhe nicht das Prinzip, sondern Einzelheiten der seit 2009 geltenden Erbschaftsteuer einer kritischen Prüfung unterziehen wird. Dass es für Firmenerben Privilegien gibt, ist politisch gewollt und gut begründet. Deutschland ist mit Familienunternehmen gut gefahren. Immer wieder hat sich gezeigt, dass inhabergeführte Betriebe einen engeren Bezug zu Mitarbeitern und Standorten haben. Deshalb ist es auch richtig, bei der Übertragung auf die nächste Generation das im Betrieb gebundene Kapital nicht über die Erbschaftsteuer zu belasten. Dies gibt den Unternehmen die Kraft, über Generationen hinweg zu investieren.

Dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob die Verschonungsregeln in einigen Fällen nicht zu lax sind. Als das Gesetz während der Krise 2008 beraten wurde, waren die Sorgen der Wirtschaft noch groß, dass die Auflagen zu streng sein könnten. Das Urteil darüber hängt stark von der Wirtschaftslage ab. Inzwischen zeigt sich, dass es gerade den Erben kleiner Betriebe sehr leicht gemacht wird, die Erbschaftsteuer zu vermeiden. Etwas höhere Hürden sind zumutbar. Die geltenden Regeln laufen oft auf eine vollständige Steuerbefreiung hinaus.