Für die Europäische Union endet das schwerste Jahr ihrer Geschichte. Mehr Europa tut Not, das aber ist unpopulär, kommentiert StZ-Korrespondent Christopher Ziedler.

Brüssel - Die Staats- und Regierungschefs haben den Rekord von 2011 eingestellt: Zwölfmal haben sie sich in diesem Jahr getroffen, vorgeschrieben sind in Nicht-Krisenzeiten nur vier Sitzungen. Es ging um Griechenland, den Ukrainekrieg, den Terror, vor allem aber um die massiven Fluchtbewegungen, die wie nichts zuvor Europa auf die Probe gestellt haben. Als bestanden kann sie noch lange nicht gelten. Die ohnehin unzureichenden Beschlüsse etwa zur Flüchtlingsverteilung werden auf peinliche Weise nicht umgesetzt. Grundsätzliche Neuerungen wie eine EU-Grenzpolizei oder ein überarbeitetes Asylsystem sind auf nächstes Jahr vertagt.

 

Nun ließe sich argumentieren, dass die notwendige europäische Lösung in Arbeit sei und die EU wie in der Vergangenheit auch aus dieser Krise gestärkt hervorgehen werde. Die Zweifel hinsichtlich dieser Art von Automatismus aber wachsen. Mehr Europa war unter den EU-Bürgern noch nie so unpopulär wie heute. Die Briten stimmen über einen Austritt ab, in Frankreich steht eine Extremistin an der Schwelle zur Macht, in Polen und Ungarn punkten erzkonservative Regierungen mit Brüssel-Bashing. Auch in Deutschland wird die Forderung nach nationalen Alleingängen lauter. Wo da die Kraft für große europäische Lösungen herkommen soll, steht in den Sternen – dem Gipfeldutzend zum Trotz.