EZB-Chef Draghi wirft den Deutschen eine „perverse Angst“ vor der Entwicklung zum Schlechten hin vor. Damit liegt er völlig daneben, findet StZ-Wirtschaftsressortleiter Michael Heller.

Stuttgart - EZB-Präsident Mario Draghi hat eine seltsame Weltsicht. Danach quittieren die Deutschen alle Schritte der Bank in der Krise so: „Um Gottes willen, dieser Italiener zerstört Deutschland.“ Und er spricht von einer „perversen Angst“ in Deutschland, dass sich die Dinge in der Eurozone zum Schlechten entwickeln. Das ist starker Tobak und weder in der Wortwahl noch in der Sichtweise eines EZB-Präsidenten würdig. Deutschland ist bereit, für das Projekt Euro nicht nur Bedenken über Bord zu werfen, sondern mit dem Geld der eigenen Bürger für Partner zu bürgen. Das ist im Land bekanntlich keineswegs unumstritten. Berechtigte Bedenken und Sorgen als perverse Angst zu titulieren, ist völlig daneben, zumal die Krise ja keineswegs überwunden ist. Sie ist noch da, zeigt sich gegenwärtig lediglich nicht.

 

Was die EZB bisher erreicht hat, ist zudem weniger ermutigend als Draghi glauben machen will. Die Niedrigzinspolitik ist weitgehend verpufft, denn in den Ländern, in denen es mit der Finanzierung klemmt, geben die Banken das billige Geld nicht weiter. Offenbar fällt es dem EZB-Präsidenten mit der Goldman-Sachs-Vergangenheit schwer zu akzeptieren, dass eine Notenbank keine Privatbank ist, bei der alle nach der Pfeife des Chefs tanzen. Wer das Mandat der EZB so stark strapaziert, wie es Draghi tut, muss Kritik aushalten können.