Reicht das Geld für die Familien in Deutschland aus? Die Bundesregierung hat eine ehrliche Bilanz ihrer Familienpolitik versprochen. Doch sie hat sie sich nur selbst beweihräuchert, kritisiert der Berliner Büroleiter der StZ, Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Die Frage, mit der dieser Text betitelt ist, bleibt offen. Das ist ausgesprochen unbefriedigend, weil es um keine Kleinigkeit geht. Es geht um die Zukunftsperspektiven unserer Gesellschaft und ihrer Sozialsysteme sowie um 200 Milliarden Euro Steuergeld. So viel gibt der Staat jedes Jahr für Familien aus. Eine redliche Antwort, ob jede dieser vielfältigen Milliardenhilfen sinnvoll ist, bleibt die Bundesregierung schuldig – obwohl sie seit fünf Jahren eine Bilanz ihrer familienpolitischen Leistungen verspricht und diese am Donnerstag auch vorlegen wollte. Das Ergebnis ihrer sogenannten Evaluation ist vor allem: Selbstbeweihräucherung. Die sogenannte Bilanz offeriert wenig mehr als eine politische Lyrik, die allenfalls dazu taugt, die eigenen Wahlversprechen zu untermalen. Bei denen geht es dann um weitere Milliarden. Eine Politik nach diesem Strickmuster ist nicht seriös.

 

Woran lässt sich der Erfolg von Familienpolitik eigentlich messen? In kaum einem anderen Land haben junge Menschen noch weniger Lust, Kinder zu bekommen, als bei uns. Von der zuständigen Ministerin, Kristina Schröder, ist zu hören, ihre Familienpolitik sei keine verkappte Gebärförderung. Aber sollte diese Politik nicht dazu dienen, Hemmnisse, Risiken und Ängste abzubauen, welche die eigenen Bürger davon abhalten, Familien zu gründen und Kinder in die Welt zu setzen?

Widersprüchliche Familienpolitik

Falls der Verlauf der Geburtenrate als Maßstab dienen würde, dann müsste jedermann unweigerlich zum Schluss kommen, dass es sich bei den familienpolitischen Leistungen in Deutschland um ineffiziente Staatsausgaben handelt. Frau Schröder kann immerhin darauf verweisen, dass die Erwerbstätigenquote von Frauen mit Kindern markant gestiegen sei. Aber ist es ein Ziel konservativer Familienpolitik, dass möglichst viele Mütter arbeiten sollen? Wozu wurde dann das Betreuungsgeld erfunden? Es hält Mütter mit kleinen Kindern vom Arbeiten ab, wäre im Sinne der Schröder’schen Erwerbstätigenquote also kontraproduktiv. Das ist nur eines von vielen Beispielen, die zeigen, wie widersprüchlich die deutsche Familienpolitik angelegt ist. Von der sogenannten Evaluation wäre eigentlich zu erhoffen gewesen, dass sie solche Widersprüche aufdeckt und im Detail klarstellt, wo finanzielle Hilfen eingespart oder besser verwendet werden könnten. Doch diese Hoffnung trog.

Die Vielzahl an familienpolitischen Hilfen ist kaum zu übersehen. Das allein muss aber noch kein Mangel sein. In Einzelfällen handelt es sich um sehr spezifische Fördermaßnahmen, die durchaus zielgerichtet und für die jeweilige Klientel nützlich sind. Dazu zählt etwa der Kinderzuschlag, eine Art Extraprämie auf das Kindergeld, der das Armutsrisiko finanzschwacher Eltern mindert.

Lockmittel für potenzielle Wähler

Das undurchsichtige Netzwerk verschiedener, teilweise gar gegensätzlicher Leistungen bedürfte gleichwohl einer kritischen Generalrevision. Die sollte erfolgen, bevor der Staat neue Sozialleistungen erfindet oder für alte noch mehr Geld ausgibt. Leider ist das nicht so.

Wie in jedem Wahlkampf dient die Familienpolitik auch heuer wieder als Lockmittel für potenzielle Wähler. Die SPD verspricht mehr Kindergeld für Ärmere zu Lasten gut verdienender Eltern, verschweigt aber, dass durchaus viele dafür Abstriche in Kauf nehmen müssen. Die Unionsparteien wollen das Steuerprivileg des Ehegattensplittings zu einem Familiensplitting umbauen. Das ist im Prinzip ein vernünftiger Vorsatz. Er würde allerdings den Mut zu einem wirklichen Umbau voraussetzen, nicht bloß zu einem Anbau, der nur zusätzliches Geld verschlingt. Wer auch immer nach der Wahl für die Familienpolitik verantwortlich zeichnen wird, er wird das nachliefern müssen, was Kristina Schröder versäumt hat: eine reelle Bewertung der bisherigen Hilfen. Sie ist das Fundament für jede Art von Reform.