Die Projektpartner ziehen inzwischen an einem Strang. Nun muss ein Weg für die Bürgerbeteiligung auf den Fildern gefunden werden, meint Holger Gayer.
Stuttgart - Die schwäbische Sprache besticht bisweilen durch ihre Bildhaftigkeit und wunderbare kleine Wörter, die nuancenreich beschreiben, was geschieht. Katzendäbberle, zum Beispiel. Das sind vordergründig jene Spuren, die eine Katze hinterlässt, wenn sie auf tiefem Geläuf unterwegs ist. Hintergründig gelten Katzendäbberle auch als kleinste Maßeinheit bei der Annäherung zweier Kontrahenten, die den Weg zueinander am liebsten geräuschlos hinter sich bringen wollen.
Exakt das ist es, was in diesen Tagen bei der Bahn, dem Land, der Stadt und der Region zu beobachten ist. Zwar nicht heimlich, aber doch still und leise versuchen die Projektpartner von Stuttgart 21 das Streitthema Nummer eins in einen Routinevorgang zu überführen. Zwar wird es noch Jahre dauern, bis die Wunden vernarbt sind, die dieses Projekt in die Stadtgesellschaft geschlagen hat. Gleichzeitig ist aber unübersehbar, dass Stuttgart 21 inzwischen vor allem eine Baustelle von immenser Größe ist, die möglichst gut verwaltet werden muss.
Insofern hat der Projektsprecher Wolfgang Dietrich recht, wenn er feststellt, dass die Arbeiten im Schlossgarten „seit der Volksabstimmung der erste Baueinsatz für Stuttgart 21 sind, an dem alle Projektpartner zusammengearbeitet haben“. Dieses gemeinsame Ziehen an einem Strang hätten die meisten Beobachter im heißen Herbst des Jahres 2011 wohl kaum für möglich gehalten. Dass der Großteil der Protagonisten der einst verfeindeten Lager das Votum des Volkes akzeptiert, ist ein gutes Zeichen im Blick auf eine neue Form von Bürgergesellschaft, die nicht nur die Grünen wollen, sondern zusehends mehr auch die Mehrheiten von CDU und SPD.
Umso wichtiger ist es, dass die einstigen Streithähne jetzt auch einen gemeinsamen Weg für eine Bürgerbeteiligung auf den Fildern finden. Die Strecke zwischen Rohrer Kurve und dem Flughafen ist ebenso wenig planfestgestellt wie der umstrittene Filderbahnhof. Auch wenn es die Planer schmerzen mag, dass man noch einmal über alternative Trassenverläufe und die Sinnhaftigkeit eines 26 Meter tiefen Flughafenbahnhofs diskutieren muss, so ist es doch unumgänglich, dass dies geschieht.
Kaum jemand, der mit Sinn und Verstand auf die jetzige Planung schaut, wird diese aus Überzeugung optimal nennen können. Deswegen muss nun ein Prozess des Abwägens in Gang gesetzt werden, der Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Streckenvarianten ebenso ins Visier nimmt wie die Kosten. Denn bei allem Verständnis für die Position des Leinfelden-Echterdinger Oberbürgermeisters Roland Klenk: es wird außerhalb seiner Stadt niemandem vermittelbar sein, dass man einfach so geschwind 200 oder 300 Millionen Euro drauflegt.