Die Silberpfeile dominieren die Formel 1. Am Sonntag wird einer der beiden Fahrer Weltmeister. Der Einsatz von Mercedes hat sich gelohnt, meint StZ-Redakteur Dominik Ignée.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Abu Dhabi - Nico Rosberg hat die vertrackte Ausgangslage vor dem letzten Rennen der Formel-1-Saison am Sonntag in Abu Dhabi auf den Punkt gebracht. „Lewis kann alles verlieren, ich kann alles gewinnen“, sagte der Deutsche vor dem entscheidenden WM-Duell gegen den Engländer Lewis Hamilton. Nur einer der beiden Mercedes-Fahrer kann Champion werden. Rosbergs Ausgangslage ist etwas schlechter. Ein Ausfall von Hamilton würde ihm auf dem Weg zum ersten Titel helfen.

 

Triumph oder Tragik sind wesentliche Merkmale des Sports. Diese Extreme machen ihn interessant. Die Mercedes-Mannschaft kann dieses teaminterne Duell allerdings zurückgelehnt verfolgen. Sie gewann bereits den Konstrukteurs-Titel, kein Formel-1-Team belegte jemals so oft die ersten beiden Plätze – und am Sonntag folgt noch der Gewinn der Fahrer-WM. Diese atemraubende Mercedes-Bilanz kommt einigen Betrachtern schon unheimlich vor. Mehr geht nicht! Die traditionsreichen Silberpfeile haben sich eindrucksvoll zurückgemeldet. Der letzte Mercedes-Titel in der Formel 1 datiert aus dem Jahr 1955.

Dieser Erfolg tut dem Stuttgarter Autohersteller gut. Zum einen ist damit eine brillante Eigenwerbung gelungen. Etliche Vorstandsmitglieder des Daimler-Konzerns werden zum großen Finale im Wüstenstaat erwartet. Dort dürfen sie sich im Glanz ihrer Formel-1-Abteilung sonnen. Ob der Triumph die Absatzzahlen auf dem Automarkt verbessert, ist schwer einzuschätzen. „Simpel gesagt, überträgt sich der Erfolg auf das Unternehmen, deshalb gehe ich davon aus, dass das eine oder andere Fahrzeug mehr verkauft wird“, sagt der Teamchef Toto Wolff.

Triumph nach imageschädigenden Jahren

Was dieses beeindruckende Jahr für Mercedes aber so wertvoll macht, zeigt der Blick zurück. Als Motorenpartner des McLaren-Teams gewannen die Schwaben zwar einst drei Fahrer-Weltmeisterschaften, doch gab es auch imageschädigende Jahre. Hinzu kam der Spionageskandal um geheime Daten des Konkurrenten Ferrari, den der Partner McLaren 2007 den Stuttgartern eingebrockt hatte. Der Versuch, es nun mit einem eigenen Team zu versuchen, startete dann auch noch mit drei sportlich enorm dürftigen Jahren. Erst in der Saison 2013 kündigte sich der Aufwärtstrend an – und er mündet nun im Gewinn beider Formel-1-Titel.

Es hat sich gelohnt für Daimler und den Motorsport-begeisterten Vorstandschef Dieter Zetsche, langfristig in die Formel 1 zu investieren. Auch das Red-Bull-Team musste fünf harte Jahre Aufbauarbeit leisten, um im sechsten Anlauf mit Sebastian Vettel Weltmeister zu werden. Geduld gehört im Motorsport zum Entwicklungsprozess. Geduld haben innerhalb des Konzerns aber nicht alle Mitarbeiter in den Werken gehabt. Sinnlos, zu teuer – mit diesen Attributen wurde das Engagement innerhalb des Konzerns kritisch hinterfragt. Der Betriebsrat forderte sogar den Ausstieg.

Das Team hat dem Druck standgehalten

Der Druck von innen und außen war spürbar. Das Team hat ihm standgehalten. Seit der Österreicher Toto Wolff vor der Saison 2013 als Teamchef das Kommando übernahm, ist bei Mercedes eine positive und motivierende Unternehmenskultur entstanden. Niki Lauda als Team-Aufsichtsrat ist die andere Figur der österreichischen Doppelspitze, die der Vorstand damals installierte. Kraft seiner Aura ist er ein wichtiger Frontmann, der bei Verhandlungen über Dollarmillionen und Debatten bezüglich des Regelwerks dem Formel-1-Boss Bernie Ecclestone und dem Weltverbandschef Jean Todt auf Augenhöhe begegnet. Mercedes schadet das nicht.

Vor allem aber haben die rund 800 Mitarbeiter in den Motorsport-Werken in England ein turmhoch überlegenes Auto gebaut – und Lewis Hamilton und Nico Rosberg damit großartig unterstützt. Doch wer am Sonntag Weltmeister wird, das müssen die beiden schon selber regeln.