Gut fünf Monate vor der Landtagswahl zeigt eine Umfrage von StZ und SWR, dass Guido Wolf die CDU nicht entscheidend nach vorne bringt. Sie tut sich schwer, die grün-rote Landesregierung thematisch zu stellen, kommentiert der StZ-Redakteur Reiner Ruf.

Stuttgart - Das ist ein böser Schlag in die Magengrube, den die Meinungsforscher dem CDU-Spitzenkandidaten Guido Wolf mit ihrem neuen Baden-Württemberg-Trend verpassen. Dass sich Wolfs Beliebtheitskurve nach zartem Wachstum bereits wieder senkt, mag er noch verschmerzen. Heftiger trifft ihn ein anderer Befund der Demoskopen: Gerade mal 17 Prozent der Befragten trauen einer CDU-geführten Landesregierung zu, die Flüchtlingskrise besser bewältigen zu können, als dies Grün-Rot gelingt. Das ist bitter für Wolf und seine Christdemokraten, hatten sie doch nach dem Abflachen des Hypes um das grün-rote Schulchaos just das Flüchtlingsthema auf ihrer Wahlkampfagenda ganz nach oben gerückt. Im Landtag hatte Wolf erst dieser Tage dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann wieder vorgeworfen, er manage die Flüchtlingskrise ganz unzulänglich. „Sie sind ein Getriebener“, hielt er Kretschmann vor, „wir brauchen aber einen Ministerpräsidenten, der die Dinge löst und sich nicht treiben lässt.“

 

Im Lichte der Umfrage fällt dieser Satz dem CDU-Spitzenkandidaten bleischwer auf die Füße. Die spannende Frage lautet nun, welche Schlüsse die Landespartei aus der Erkenntnis zieht, dass ihr bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise so wenig Zutrauen entgegengebracht wird. Dass es so ist, liegt ganz sicher nicht nur an Wolf. Viele in der Südwest-CDU werden im Gegenteil jetzt auf Berlin zeigen, genauer: auf Kanzlerin Angela Merkel, die mit ihrer Entschlossenheit, den Flüchtlingen ein freundliches Gesicht zu zeigen und dazu auch noch ein Einwanderungsgesetz aufzulegen, die altvertrauten Reaktionsmuster gerade auch der Südwest-CDU in Sachen Asyl und Migration konterkarierte.

Die CDU steckt in der Zwickmühle

Den einen in der Partei und deren Anhängerschaft erscheint der Merkel-Kurs zu lasch. Andere hingegen schätzen die liberale Haltung. In der Merkel-CDU ist die Zahl derer gewachsen, die mit der Kraftmeierei vergangener Tage nicht mehr viel anfangen können. Sie befürchten, in der Mitte mehr zu verlieren, als rechts zu gewinnen ist.

Und so steckt die CDU in der Zwickmühle. Da sich schnell herausstellte, dass ihr Spitzenkandidat kaum in der Lage sein würde, dem populären Kretschmann in der  Publikumsgunst den Rang abzulaufen, wollte sie Grün-Rot in der Sachpolitik stellen. Aber immer drängender stellt sich die Frage: Bei welchen Themen? Auch auf ihrem zweitliebsten Tummelplatz, der Bildungspolitik, vermag die CDU nicht zu überzeugen. Wolf hält zwar die Abschaffung der Grundschulempfehlung für falsch, scheut aber eine Rückkehr zur alten Regelung und propagiert ein „verbindliches Beratungsgespräch“. Ebenso überrascht sein Bekenntnis zur Wahlfreiheit zwischen dem achtjährigen und dem neunjährigen Gymnasium. De facto läuft das auf die Restitution des G9 hinaus und widerspricht den bildungspolitischen Intentionen der CDU in den vergangenen zwei Jahrzehnten.

Die SPD ist ein attraktiver Partner

Trösten mag die Christdemokraten ein anderer Umstand: Sollte es tatsächlich zu einem Fünf-Parteien-Parlament unter Einschluss von FDP und AfD kommen, fällt der Auftrag zur Regierungsbildung quasi automatisch der CDU zu. Jener Partei, die in der Landespolitik nach wie vor ihren Status als stärkster Bulle im Stall verteidigt – und dies ziemlich unabhängig von der Qualität ihres Spitzenpersonals. Bilanziert man die Umfragetrends der grün-roten Regierungsjahre, so bringen es Grüne und SPD trotz der anhaltenden Popularität Kretschmanns nur dann zu einer eigenen Mehrheit, wenn sie im Parlament allein der CDU gegenüberstehen. Allenfalls eine schwache CDU in Verbindung mit einer Schrumpf-FDP wäre noch zu verkraften. Bei fünf Parteien aber käme es zu einer Wiederauflage von Schwarz-Gelb oder zu einem schwarz-roten Bündnis. Für die CDU ist die SPD ein attraktiver Partner: stark im Regieren, aber arm an Prozenten.