Die schwäbischen Porsche-Standorte sind sicher, doch bald könnten Verteilungskämpfe mit VW-Fabriken aufbrechen, meint StZ-Wirtschaftsredakteur Harry Pretzlaff.

Leipzig - Als das Leipziger Porsche-Werk vor zwölf Jahren eröffnet wurde, kündigte der damalige Vorstandschef Wendelin Wiedeking mit dicken Backen an, dass der Sportwagenbauer in dieser zweiten Heimat noch viel vor habe. Vielleicht auf der Suche nach einem griffigen Slogan rief der Westfale im Überschwang den Sachsen zu, dass die Zukunft von Porsche in Leipzig liege. Dies war vielleicht gut gemeint, war aber voll daneben. Am Stammsitz in Zuffenhausen kam diese Ankündigung gar nicht gut an. Mancher im Schwabenland machte sich Sorgen um die Zukunft seines Arbeitsplatzes. Er habe sich saumäßig über Wiedeking aufgeregt, bekannte Betriebsratschef Uwe Hück vor kurzem in einem StZ-Interview.

 

Mit der Erweiterung des Leipziger Werks und dem Anlauf der Produktion des Geländewagens Macan wird den Sachsen wieder ganz warm ums Herz; Wiedekings wolkige Versprechungen werden wieder aufgewärmt. „Porsche wird immer sächsischer“, titelt die „Leipziger Volkszeitung“ und träumt davon, wie schön es wäre, wenn das Unternehmen komplett nach Leipzig verlagert würde.

Der Kommentator des Blatts ist allerdings realistisch genug zu erkennen, dass dies nur ein schöner Traum bleiben wird, obwohl die Voraussetzungen für eine Expansion bestens wären. Porsche hat in Leipzig ein riesiges Gelände zur Verfügung, die Stadt und das Land fördern Investitionen nach Kräften auch mit schnellen Genehmigungsverfahren, die Beschäftigten werden nach einem Haustarif bezahlt, der niedriger ist als der Metalltarif in der Region Stuttgart; zudem ist die tarifliche Wochenarbeitszeit länger, die Arbeitszeitmodelle sind kostengünstiger.

Verteilungskämpfe mit VW am Horizont

Dennoch hat Porsche unter dem heutigen Vorstandschef Matthias Müller ein klares Bekenntnis zu den traditionellen schwäbischen Standorten abgegeben und untermauert dies auch mit hohen Investitionen am Stammsitz in Stuttgart sowie im Entwicklungszentrum in Weissach. Deshalb muss dort auch in Zukunft niemand Angst vor Verlagerungsplänen haben. Gleichwohl bekommt Leipzig als Produktionsstandort ein immer stärkeres Gewicht, weil Geländewagen weltweit sehr gefragt sind, während Sportwagen, die in Zuffenhausen produziert werden, auf dem Wachstumsmarkt China etwa nur eine Nebenrolle spielen. Mit dem Macan werden bald voraussichtlich drei von vier Wagen der Marke mit Stuttgarter Rössle im Wappen in Leipzig vom Band rollen.

Mit der Eingliederung des Stuttgarter Autobauers in den VW-Konzern könnten indes allerdings ganz andere Verteilungskämpfe aufbrechen – und zwar mit VW-Standorten. Denn bisher kommt beispielsweise die lackierte Karosserie für den Panamera aus dem VW-Werk in Hannover. Mit dem Ausbau von Leipzig zu einem vollen Werk läge es jedoch nahe, mit dem für 2016 geplanten Modellwechsel den Panamera komplett in Leipzig zu produzieren. Noch ist dies nicht beschlossen, so Porsche-Chef Müller. Die Entscheidung könnte zu einer Nagelprobe dafür werden, wie groß der Spielraum von Porsche als Tochter des VW-Konzerns ist.