Auch wenn Nico Rosberg auf dem Weg zum Formel-1-Weltmeistertitel von Lewis Hamiltons Pech profitierte, ist er ein würdiger Champion, findet unser Sportredakteur Jürgen Kemmner.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Abu Dhabi - Nico Rosberg hat es geschafft und sich mit dem WM-Triumph einen Lebenstraum erfüllt. In Abu Dhabi hat er den wertvollsten aller Motorsport-Titel seinem Dauerrivalen Lewis Hamilton entrissen und so Vita samt Ego kräftig aufgepeppt. Womöglich kommen sie jetzt, die ewigen Nörgler, und kritteln, Rosberg habe ja nur von den technischen Problemen seines ungeliebten Teamkollegen profitiert, er sei also kein würdiger Champion. Das ist Unsinn. Glück zu haben ist im Sport legitim; Fortüne gehört dazu wie die Zuschauer – die Engländer fühlen sich fraglos als Fußball-Weltmeister von 1966, auch wenn heute jeder weiß, dass der Ball von Geoff Hurst in der 101. Minute nicht hinter der Linie war. Rosberg hat Hamilton auf der Strecke mehrfach geschlagen, er hat zur Jahresmitte Rückschläge weggesteckt; vor allem aber hat er sich nach den WM-Niederlagen 2014 und 2015 gegen den Glamourboy der PS-Szene nicht entmutigen lassen. Das ist eines Champions würdig.

 

Die Rennserie kämpft mit wichtigeren Problemen als dem, ob man Glück haben darf. Die Fans in Europa meiden immer häufiger die Tribünen und setzen sich seltener vor den Fernseher. Das schwer durchsichtige Regelwerk mag eine Ursache sein, vor allem aber liegt es daran, dass die Rennen wenig Dramatik bieten – Mercedes ist seit drei Jahren so dominant wie die Bayern im Fußball. Doch es wäre verkehrt, das Team für Langeweile verantwortlich zu machen, nur weil es den Job besser macht als alle anderen – Red Bull und Ferrari sind in der Pflicht, die Lücke zu schließen. Damit 2017 nicht nur Hamilton scharf darauf ist, Champion Rosberg zu besiegen.