Die Wiederwahl von Bundespräsident Horst Köhler 2009 und die Wahl des Nachfolgers Christian Wulff 2010 sind verfassungskonform abgelaufen. Das Verfassungsgericht wies Klagen der rechtsextremen NPD dagegen ab – gut so, meint StZ-Autor Stefan Geiger.

KarlsruheDie NPD ist beim Bundesverfassungsgericht mit dem Antrag gescheitert, zwei Bundespräsidentenwahlen für ungültig erklären zu lassen. Das ist im Ergebnis gut und richtig. Ganz chancenlos war die Klage nicht, weil die rechtsextreme Partei, die ein so problematisches Verhältnis zur Demokratie hat, tückischerweise ausgerechnet zwei urdemokratische Regeln – das Rede- und das Antragsrecht – auch für die Präsidentenwahl gefordert hatte. Es hätte genügt, wenn das Gericht die entgegengesetzte Praxis der Bundesversammlung als noch mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt hätte, weil für ein vorwiegend repräsentatives Präsidentenamt diese Regeln nur eine begrenzte Bedeutung haben mögen. Doch die Richter haben überschießend argumentiert.

 

Das Verfassungsgericht betont die „zeremonielle, symbolische Bedeutung“ der Präsidentenwahl und die „Würde des Wahlaktes, der dem parteipolitischen Streit enthoben sein soll“. Eine zeremoniell-symbolische Bedeutung hat man bisher am ehesten Fronleichnamsprozessionen zugebilligt. Die Worte der Richter sind riskant, weil sie ein ur-demokratische Prinzip relativieren: Eine Wahl ist keine Zeremonie. Karlsruhe befeuert so auch das unsägliche Vorurteil, dass ein Parteienstreit, der die Voraussetzung jeder parlamentarischen Demokratie ist, von minderer Würde sei.