VW zahlt seinen US-Kunden Entschädigungen. Für Halter in Deutschland sieht es schlecht aus. Dafür fehlt der politische Wille, meint Redakteurin Anne Guhlich.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Die Einigung mit den Behörden in den USA ist ein wichtiger Schritt für Volkswagen, um eine große Unbekannte berechenbarer zu machen: Die rechtlichen Risiken, die wegen Sammelklagen, der Vorwürfe von Behörden und Investoren in den USA lauern, gelten als die größte Bedrohung für den skandalgeplagten Konzern. Bei der Bewältigung dieser Baustelle kommt VW mit dem Vergleich ein gutes Stück voran. Wenn sie den Konzern auch teuer zu stehen kommt – ohne diese Einigung hätten dem Konzern juristische Auseinandersetzungen gedroht, die noch mehr Ungewissheit und noch höhere Kosten bedeutet hätten.

 

Für VW-Kunden, die in Deutschland auf eine Entschädigung gehofft haben, sieht es hingegen schlecht aus. Denn die Sammelklagen, bei denen Verbraucher ihre Ansprüche gebündelt geltend machen können, sieht das deutsche Recht nicht vor.

Und klar ist: Der politische Wille, daran etwas zu ändern, ist denkbar gering ausgeprägt. Entsprechende Vorstöße der Europäischen Union sind stets an der deutschen Politik abgeprallt. Zwar hat das Bundesjustizministerium angekündigt, den Wunsch der Verbraucherschutzminister der Länder nach stärkeren Verbraucherrechten zu prüfen, seither jedoch nur eines getan: geschwiegen. Dabei wäre es möglich, die Ansprüche der Autohalter ähnlich zu bearbeiten wie die der Anleger, die durch den Skandal Geld verloren haben: durch Musterverfahren, bei denen Streitpunkte am Beispiel eines Musterklägers durchgearbeitet werden. Selbst wenn die Politiker den Verbrauchern künftig doch noch mehr Macht bei Streitigkeiten mit Konzernen einräumen sollten, wird eine solche Gesetzesänderung nicht rückwirkend gelten.

So sendet die Einigung in den USA ein verheerendes Signal: Es gibt Kunden zweier Klassen. Wie der Konzern so das Vertrauen der ohnehin enttäuschten Kunden auf dem Heimatmarkt zurückgewinnen will, ist eine Frage, auf die Volkswagen eine Antwort finden muss. Viel Zeit bleibt dafür nicht.