Die Journalistin Sarah Harrison ist eine enge Vertraute des „Whistleblowers“ Edward Snowden. Sie hat das Zeug dazu, in Deutschland die Stimmung zu drehen, kommentiert Thomas Maron.

Berlin - Das Kanzleramt dürfte über die Nachricht, dass die engste Vertraute des ehemaligen NSA-Mitarbeiters in Berlin gelandet ist, nicht erfreut sein. Sarah Harrison, die schon für Wikileaks-Gründer Julian Assange so manche Schlacht geschlagen hat, macht nämlich nicht den Eindruck, als wolle sie ab sofort stillhalten. Das macht die Lage für Kanzlerin Angela Merkel noch komplizierter.

 

Bisher kam Merkel zugute, dass die Öffentlichkeit in Deutschland die irrwitzigen Weitungen der NSA-Affäre mit erstaunlichem Gleichmut zur Kenntnis nahm. Die engen sicherheitspolitischen Verflechtungen mit den USA waren Merkel wichtiger als selbstbewusste Aufklärungsarbeit. Harrison könnte diese Strategie des Aussitzens durchkreuzen. Sie ist jung, wird als sympathisch und intelligent beschrieben, taugt schon jetzt einigen Journalisten als Sinnbild der idealistischen, selbstlosen Heldin im Kampf gegen eine Weltmacht.

Harrison versteht es außerdem vortrefflich, Öffentlichkeit als Waffe einzusetzen – es ist ja auch die einzige, die der Aktivistin zur Verfügung steht. Das macht sie für Merkel so gefährlich, denn Harrison könnte der bis jetzt oft sehr abstrakten Debatte über abgeschöpfte Metadaten in Deutschland Gesicht und Stimme verleihen. Das ist mitunter viel wirkungsmächtiger als jede noch so geheime Datei.